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  • 1. FC Kaiserslautern, 25. Januar 2008

    „Es geht mir nicht darum Geld zu verdienen“


    Von:  Anne80

    Martin Wagner war ein erfolgreicher Fußballspieler. Für den 1. FC Kaiserslautern spielte er acht Jahre Fußball und feierte mit dem Verein seine größten Erfolge. Seit dem Jahr 2005 ist er Spielerberater und hat sich zum Ziel gesetzt, junge Talente zu fördern. Großen Wert legt er dabei vor allem auf die Einstellung seiner Schützlinge, denen er versucht Werte wie Vereinstreue und einen starken Willen ans Herz zu legen.

    Im Interview berichtet der ehemalige Nationalspieler von seiner Aufgabe als Spielerberater, seinen persönlichen Erfahrungen im Vereinsleben seiner Fußballkarriere, über die Zukunft seiner Schützlinge und über seine eigene berufliche Perspektive.

    Herr Wagner, Sie sind Geschäftsführer der MaWa Consoult, die sie selbst im Jahre 2005 gegründet haben. Dort sind Sie als Spielerberater für einige Spieler tätig. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Firma zu gründen und Spielerberater zu werden?

    Die Idee hatte ich eigentlich schon länger. Ich hatte selbst mal einen Berater, beziehungsweise einen Vermittler, und ich wollte es aufgrund der Erfahrung, die ich da gesammelt habe, ein bisschen anders machen. Der Spieler von heute braucht eine wesentlich größere Betreuung als wir früher. Der Fußball ist komplexer geworden. Ich habe meine klaren Vorstellungen, wie man Spieler durch Berater heutzutage betreuen soll und das versuche ich mit meiner Firma zu verwirklichen.

    Was sind Ihre Aufgaben als Spielerberater und wie nützt Ihnen Ihre Erfahrung als Ex-Profi in diesem Job?

    In erster Linie sind die Spieler keine Waren, sondern sie sind Menschen. Um einen Menschen muss man sich kümmern. Wenn der Mensch funktioniert, funktioniert auch der Sportler. Viele Berater oder Vermittler, wie ich sie gerne nenne, machen einfach den Fehler, dass sie erstmal nur das schnelle Geld sehen. Aber bei mir ist es so, dass ich den Spielern eine Rundum-Versorgung bieten will. Das heißt mein Consult ist mit sehr seriösen Partnern, aus den Bereichen Banken, Versicherungen und auch Immobilien aufgebaut. Dieses Angebot kann der Spieler nutzen, wenn er Bedarf hat. Wir versuchen den Spieler auf ein gesundes Fundament zu stellen, damit letztendlich der Mensch funktioniert.

    Als Spieler galten Sie als sehr vereinstreu. Als Kaiserslautern 1996 aus der Bundesliga abstieg, blieben Sie dem Verein erhalten, schafften den direkten Wiederaufstieg und wurden in der nächsten Saison mit dem FCK Deutscher Meister. Wieso wechselten Sie damals nicht zu einem Erstligisten?

    Jeder Spieler sollte sich immer vor Augen führen, dass er selber mit die Schuld trägt, wenn irgendetwas schief geht. Ich war damals beim 1. FC Kaiserslautern mit im Boot und ich hatte dem Verein zum damaligen Zeitpunkt viel zu verdanken. Ich habe gedacht, ich muss dem Verein etwas zurückgeben. Auch den tollen Fans, die wir damals in Kaiserslautern hatten und die zum Teil auch heute noch da sind. Man ist es einfach dem Verein und den Fans schuldig. Ich war es mir auch selbst schuldig. Deswegen bin ich dann auch mit in die zweite Liga und für mich war es eine tolle Erfahrung, auch aus menschlicher Sicht. Diese Erfahrung hat mich auch geprägt und weiter gebracht. Deshalb versuche ich auch meinen Spielern zu vermitteln, dass es in erster Linie nicht nur ums Geld geht, dass der Fußball auch noch andere Werte vermitteln soll.

    Was glauben Sie ist der Grund, warum Vereinstreue im heutigen Fußballgeschehen nur noch sehr selten vorhanden ist?

    Die Spieler haben ein Zeitfenster von zehn, fünfzehn Jahren, um ihr Geld zu verdienen. Leider vergessen sie dabei manchmal, wem sie gewisse Dinge zu verdanken haben. Natürlich werden sie in erster Linie von dem Verein bezahlt, in dem sie gerade spielen. Ich muss sagen, dass ich meine abgeschlossenen Verträge auch eingehalten habe. Daran sollte man die Spieler auch das ein oder andere Mal erinnern. Es gibt immer Situationen, wo es nicht mehr geht, wenn beispielsweise der Verein oder der Trainer mit dem Spieler nicht mehr zu Recht kommt. Es sind nicht nur die Spieler, die den Verein wechseln, sondern auch umgekehrt, drängen die Vereine den Spieler, den Verein zu verlassen.

    Es gibt immer ein pro und contra, aber man sollte immer versuchen, die Verträge, die man abschließt, einzuhalten. Heiraten tut man schließlich auch nicht jeden Tag.

    Also versuchen Sie den Spielern, die Sie beraten, Ihre Einstellung zur Vereinstreue mitzugeben?

    Kontinuität ist ganz, ganz wichtig. Ich denke, die hilft einem im Sport, und die hilft einem auch im Leben weiter.

    Welchem Ihrer Akteure trauen Sie am ehesten zu, ein Großer des Fußballs zu werden?

    Ich habe ja den Daniel Halfar seit fünf Jahren, seit er vierzehn ist, bei mir in der Agentur. Auch Stefano Celozzi von Bayern München, von den Amateuren. Der Daniel hat es gepackt, schon zwei Mal in die erste Liga zu kommen. Ich wollte einfach beweisen, dass es möglich ist, einen jungen Spieler anständig und mit seriösen Mitteln nach oben zu bringen. Da geht es gar nicht ums Geld verdienen, sondern darum, einem jungen Menschen einen Weg aufzuzeigen, der irgendwo auch für ihn bestimmt ist. Aber ihn mit den Eltern zusammen zu begleiten und zu beweisen, dass er es bis dahin auch schaffen kann, dass habe ich mit dem Daniel bis heute klasse hinbekommen.

    Dann gibt es natürlich auch über den Job hinaus eine Freundschaft, die sich daraus entwickelt. Meine Ratschläge für ihn, die waren ja bis jetzt kostenlos und das werden sie auch in Zukunft sein. Ich werde ihm mit meinen positiven und negativen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, letztendlich immer unter die Arme greifen, damit aus ihm mal ein anständiger Fußballer wird. Auch auf der menschlichen Seite möchte ich ihm den einen oder anderen Tipp geben, damit er vielleicht ein paar Fehler weniger macht.

    Haben es die Spieler in der heutigen Zeit leichter?

    Es ist heute eine andere Zeit als früher. Man muss sich mit den Gegebenheiten, die heutzutage im Fußball da sind, beschäftigen. Der Sportler an sich, muss sich mehr mit seinem Job beschäftigen, sonst wäre er schon erledigt. Das ist ein Tagesgeschäft, das gab es bei uns früher auch schon. Aber durch die Medienpräsenz ist es für die Spieler mitunter einfacher geworden, weil die größeren Möglichkeiten haben, sich zu präsentieren. Früher hat der Konsum eher im Vordergrund gestanden. Von daher denke ich, wenn ein Spieler heute funktioniert und klare Vorstellungen von seinen Zielen hat und die auch verfolgt, kann er seine Ziele unter Umständen schneller erreichen, als früher.

    Er braucht neben dem Talent, was andere ja auch haben, die richtige Einstellung. Wenn das vorhanden ist, kann man im heutigen Fußballgeschäft, finde ich, seine Träume schneller erreichen.

    Sie wurden mit Kaiserslautern Pokalsieger und Deutscher Meister und nahmen 1994 mit der Deutschen Nationalmannschaft an der Fußball-WM in den USA teil. Was war der größte Erfolg, beziehungsweise der bedeutendste Moment Ihrer Fußballkarriere?

    Jede errungene Meisterschaft und jeder Pokalsieg hat ja seine Geschichte. Der Pokalsieg 1996, da war ich eine Woche vorher gesperrt. Ich habe in Leverkusen die gelbe Karte bekommen und konnte nicht spielen. Das war für mich schon grausam, das mit anzusehen zu müssen (Anm.d.Red.: Durch das Unentschieden bei Bayer stieg Lautern ab.).

    Das wir dann eine Woche später Pokalsieger wurden mit meinem entscheidenden Tor, das war natürlich ein Glücksmoment, den ich da genießen durfte. Der Aufstieg aus der zweiten Bundesliga und die Meisterschaft in der Bundesliga, das hat auch eine ganz eigene Geschichte. Die Weltmeisterschaft ist, denke ich, schon das Größte für jeden Fußballspieler, wenn er mit den Besten spielen darf. Aber in dem Jahr 1994 ist mein Vater gestorben, deswegen kommt das schon an erster Stelle, weil es von der Emotionalität her den größten Einfluss hatte.

    Wer war Ihr unangenehmster Gegenspieler?

    Ich hatte ja so viele, das würde den Zeitrahmen sprengen … (lacht)

    Nein, ich hatte eigentlich nur Spieler, gegen die ich gerne gespielt habe und dann gab es andere Spieler. Mehmet Scholl in frühen Jahren war kein unangenehmer Gegenspieler, er war ein sehr interessanter Spieler, gegen den ich gerne gespielt habe. International vor allem gegen den Marc Overmas, in jungen Jahren, der einfach ein klasse Fußballer war. Da gab es letztendlich viele, die meinen Weg gekreuzt haben und ich glaube schon, dass auch einigen diese Kreuzung nicht so gut geschmeckt hat.

    Von Ihrem Jugendverein Offenburger FV wechselten Sie zum 1. FC Nürnberg und kamen über Kaiserslautern zum VfL Wolfsburg, wo Sie Ihre Karriere im Jahre 2001 beendeten. Wenn Sie die Gelegenheit hätten, würden Sie, zum Beispiel bei einem Ihrer Wechsel, etwas anders machen?

    Die Wechsel waren ja letzten Endes immer durch irgendwelche Geschehnisse im Verein bedingt. Mein Wechsel von Nürnberg nach Kaiserslautern, der war aus finanziellen Nöten. Der Verein hatte damals eine sehr schwierige finanzielle Lage zu bewältigen und da mussten Spieler verkauft werden. Da musste ich also gehen und ich wäre sonst nie weggegangen. Dann bin ich nach Kaiserslautern und bin dort acht Jahre geblieben. Ich bin dann gegangen, weil mir die Vereinsstrukturen beziehungsweise dann auch die Philosophie, die dort verfolgt wurde, nach acht Jahren einfach nicht mehr zu mir gepasst haben. Ich habe mich aber nur von gewissen Leuten verabschiedet, nicht vom Verein.

    Sie haben mal gesagt: „Ich war sicher nicht der Talentierteste, habe es aber mit Ehrgeiz und Zielstrebigkeit geschafft.“ Wie viel Prozent Talent und wie viel Prozent Arbeit braucht man, um Fußballprofi zu werden und wie hat sich die Art, Fußball zu spielen in den letzten zehn Jahren geändert?

    Es ist schwierig, dass in Prozenten auszudrücken. Ich denke jeder, der talentiert ist, der hat schon mal eine gute Grundvoraussetzung. Eine andere Grundvoraussetzung ist natürlich auch der Wille. Das ist ganz, ganz wichtig. Beides gepaart, kann einem schon zum Erfolg verhelfen. Es gilt aber genauso wie in der Schule, wenn man nicht lernt, bekommt man auch keine ‚Einsen’. Wer seine Hausaufgaben macht, der schreibt zumindest eine ‚Drei’ oder ‚Zwei’.

    Talent ist die Grundvoraussetzung und danach entscheidet die Einstellung. Bei den jungen Menschen muss man halt sehen, dass die eine Vielfalt von Ausgleichmöglichkeiten haben. Wir hatten ja früher nur Fußball. Ich finde, früher wurde auch sehr kreativ Fußball gespielt. Heute kann man alles was man möchte im Internet nachlesen, nachschlagen. Wir mussten gewisse Dinge selber erfinden. Heute wird es den Spielern, aufgrund dieser Möglichkeiten, die sie haben, ein bisschen einfacher gemacht. Jeder der schlau ist, macht sich diese Möglichkeiten zu nutzen und gebraucht sie für sich. Ich bin mir eigentlich sicher, dass jeder, der ein Ziel im Kopf hat, das Ziel auch erreicht. Das Idealziel, denke ich, das gibt es nicht. Das erreicht man ganz selten. Aber man kann zumindest ein Ziel erreichen.

    Wie wichtig ist Ihnen der Kontakt zu den Fans und was raten Sie Ihren Schützlingen, wenn es um den Umgang mit den Anhängern geht?

    Das hat absolute Priorität. Zu meiner Zeit war es einfach so, dass wir auf dem Betzenberg viele Spiele gewonnen haben, aufgrund der Unterstützung der Fans. Stellen sie sich mal vor, sie gehen ins Stadion und keiner ist da. Die Leute werden nur noch aufgenommen, es wird nur etwas Stimmung eingespielt. Ich finde die Emotionalität darf im Fußball nie verloren gehen. Der Fan und der Fußballer die müssen eins sein und eine Sprache sprechen. Der Spieler ist letztendlich dazu da, das hat auch Otto Rehhagel mal gesagt, um den Zuschauern eine gute Show zu bieten. Dafür wird man bezahlt, nicht nur für die Trainingseinheiten, sondern für den Höhepunkt auf dem Platz.

    Fußballprofis sind für Ihre lustigen Sprüche während eines Interviews bekannt. Ihre Bekanntesten waren: „Es wird jetzt viel versucht von außen zu interpretieren nach innen.“ Und „Wir werden die Spitze mit Messer und Gabel verteidigen.“ Waren Ihnen solche Aussagen peinlich oder standen Sie damals drüber, als die Presse sich über so etwas belustigte?

    Bei Politikern ist das auch so… (lacht)

    Ich bin der Meinung, dass die Vereine sich mehr darüber bewusst werden sollten, dass Spieler in den Medien im Fokus stehen. Das wissen wir ja alle. Ich bin dafür, dass man da mehr Medienschulung macht. Ich finde das ganz, ganz wichtig, um dem Spieler die Blöße zu nehmen. Als Spieler ist man ja auch Repräsentant des Vereins. Da haben die Vereine ja auch die Pflicht und die Verantwortung für den Spieler zu sorgen, beziehungsweise für den Verein dann mit. Ich finde das ist eine gute Idee.

    Es ist zwar immer gut, wenn man über sich selber lachen kann. Ich denke in dem Moment, wo man so was sagt, registriert man es wahrscheinlich gar nicht. Man bekommt das erst danach mit, denn meistens finden ja die Interviews direkt nach dem Spiel statt. Man ist noch aufgeregt, man ist emotional aufgeladen. Dann hat man vielleicht noch verloren. Es rutscht einem was raus, man verdreht Wörter. Aber ich denke mal, das sollte man nicht so ernst nehmen, sondern man sollte schon auch drüber lachen können, Es bringt einfach nichts, sich da aufzuregen.

    Spieler sind auch nur Menschen und denen passieren Fehler. Man sollte drüber lachen, aber sich nicht nur noch über einen Menschen belustigen. Das kann immer mal passieren und das macht die ganze Geschichte auch sympathisch.

    Wollen Sie zukünftig weiter als Spielerberater arbeiten oder können Sie sich vorstellen, auch den Posten eines Trainers oder Managers zu besetzen?

    Ich habe ja die Trainer A-Lizenz, das heißt die Grundvoraussetzung habe ich, mal ins Trainergeschäft einzusteigen. Ich fand es interessant, in meiner Rolle als Spielerberater, die Geschichte mal von der anderen Seite zu betrachten. Meine Firma steht auf festen Füßen und ich möchte das schon weiter machen. Aber irgendwann möchte auch wieder ins Vereinsleben, weil ich da groß geworden bin.

    Haben Sie unter den Vereinen schon einen Favoriten, wo Sie gern mal arbeiten möchten?

    Nein. Wichtig ist für mich nur, dass die Grundvoraussetzungen gegeben sein müssen. Das heißt, dass ich in einem guten Team arbeiten kann, dass sozial und loyal ist.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Geschrieben von:  Anne80

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