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  • SV 1916 Sandhausen, 31. Juli 2008

     

    „Für mich ist nicht so wichtig, wie viele Tore ich selbst schieße“


    Von:  Stephan R.T.

    In der aktuellen Sommerpause wechselte Leandro Grech vom FC Erzgebirge Aue zum SV Sandhausen in die dritte Liga. Bisher konnte der 27-jährige Argentinier 50 Regional- (sechs Tore) und zehn Zweitligapartien (ein Tor) für den SC Pfullendorf und den FC Erzgebirge in Deutschland absolvieren. Zudem stand er am vergangenen Wochenende bei der Drittliga-Premiere des SVS auf dem Platz. Warum sich Leandro Grech für Sandhausen entschied und wie seine Pläne für die Zukunft aussehen, dazu stand er nun für ein paar Fragen zur Verfügung.

    Leandro Grech, wie haben sie sich eingelebt, wie gefällt es der Familie?

    Ich wohne mit meiner Frau, meiner Tochter und momentan der Schwiegermutter in Nussloch, wir schauen uns alles an: Heidelberg, Leimen, Wiesloch, uns gefällt die Region.

    Sie sind Argentinier, ist Grech der Familienname und Leandro der Vorname oder gar Künstlername?

    Leandro ist der normale Vorname. Wenn ich in Südamerika gefragt werde, wie ich heiß, sag ich Leandro, in Deutschland sag ich immer den Zunamen, nicht den Vornamen. Wenn man mich fragt, welchen Namen ich fürs Trikot will, sag ich Leandro.

    Was meinen Sie, welche Chancen hat der SV Sandhausen in der dritten Liga, wie wird der Verein abschneiden?

    Schwer zu sagen, wir kennen die Mannschaften aus dem Norden noch nicht. Dort sind 20.000 Zuschauer bei den Spielen. Aber auch Aalen und Unterhaching, die Liga hat ein gutes Niveau, fast wie die zweite Liga. Man muss die ersten Spiele abwarten.
    Sie kommen mit viel Vorschußlorbeeren als technisch begnadeter Spielmacher, sehen Sie sich als gesetzt und als Herz der Mannschaft, kämpfen Sie mit Mendez um die Position?

    Es ist die Trainerentscheidung, aber wir kämpfen wie im Wettbewerb um die Position. Alberto ist ein sehr guter Spieler, guter Charakter, hat in London gespielt. Für mich ist es besser, ich kämpfe mit einem Spieler dieser Qualität um die Position. Beide in der Startelf ist schwer bei dem 4-4-2-System. Ich kann auch links spielen, aber wir sind mit Alf Mintzel und Roberto Pinto auf den Außen gut besetzt. Unser Mittelfeld ist sehr gut.

    In Argentinien spricht man spanisch, hatten Sie am Anfang mit Alberto Mendez viel Kontakt?

    Wir sprechen zwar spanisch, aber in der Kabine ist es Pflicht, deutsch zu sprechen. Die Kollegen sollen ja verstehen, was ich sage und denke.

    Möchten Sie mehr Tore schießen oder sehen Sie sich mehr als Vorbereiter?

    Normal bin ich für den letzten Pass auf den Stürmer zuständig. Ich mache Tore, aber nicht so viele. Meine Stärke ist, nach den Bewegungen des Stürmers zu schauen und den richtigen Pass zu spielen. Für mich ist es nicht so wichtig, wie viele Tore ich selbst schieße, ich denke für die Mannschaft. Wenn wir gewinnen, ist egal, wer die Tore macht.

    Sie wechselten letzte Rückrunde nach Aue in die zweite Liga, bereiteten in zehn Spielen vier Tore vor. Ließ Aue Sie nur ungern ziehen und was ist der Hauptgrund für den raschen Wechsel?

    Ich hatte einige Spiele absolviert, dann kam eine Verletzung. Schließlich kam mit Heiko Weber ein neuer Trainer, unter ihm machte ich nur ein Spiel. Ich spielte auch linkes Mittelfeld und nicht auf meiner Zehner-Position. Nach dem Saisonende gab es ein Gespräch, es war nicht mehr gewiss, dass ich spiele und so suchte ich einen anderen Verein, denn ich will spielen.

    Sie spielten bis 2006 immer in Südamerika, auch in Chile und Bolivien, wie kam ein Wechsel nach Pfullendorf in die dritte deutsche Liga zustande?

    Ich hatte einen Berater, vorher einen argentinischen, jetzt einen deutschen. Ich machte ein Probetraining in Vaduz in Liechtenstein, der Trainer meinte aber, er sucht einen anderen Typ Spieler. Von da aus ging es nach Pfullendorf, wo ich unterschrieb. Ich wollte in Europa spielen, mit gefällt das Spiel, die Plätze, die Fans.

    War der Gang nach Europa eine schwierige Umstellung, Sie sind in der Großstadt Rosario groß geworden?

    In Europa ist vieles anders, viel disziplinierter z.B. die Mülltrennung, in Argentinien kommt alles in einen Sack. Sicher war es eine Umstellung, Deutschland ist dreimal kleiner als Argentinien, aber hat die doppelte Einwohnerzahl.

    Sie sprechen toll Deutsch, aber wie war die Umstellung auf die deutsche Sprache?

    Die ersten vier Monate in Pfullendorf waren schwer. Ich konnte nicht mit den Kollegen sprechen, keiner dort sprach spanisch oder italienisch. Ich hatte zwei Monate einen Privatlehrer, habe außerdem mit meiner Frau über Bücher und CDs gelernt. Die Zeit war aber auch gut, hätte ich einen Kollegen aus Südamerika gehabt, hätte ich es nicht so schnell gelernt.

    Der Rest ihrer Familie ist in Argentinien?

    Meine Eltern und mein Bruder sind in Argentinien, durchs Internet geht das und wir telefonieren auch täglich. Silvester und Weihnachten gehe ich immer mit meiner Familie hin, im Sommer bleibe ich hier.

    Nach der Karriere möchten sie zurück nach Argentinien?

    Ich muss schauen, was mit mir in Zukunft passiert. Meine Frau ist auch aus meiner Heimatstadt Rosario, wir haben Freunde hier, aber unsere Familie ist in Argentinien, das ist wichtig für uns. Wir müssen auch sehen, was besser für meine Tochter ist, z.B. in Sachen Schule, in Argentinien ist alles komplizierter als hier.

    Ihre persönlichen sportlichen Ziele, wie lange möchten Sie spielen?

    Ich werde 28, möchte spielen, bis der Fuß kaputt ist (*lacht*), bis 35, so meine Meinung. Das Ziel jeden Spielers ist es, in der ersten Liga zu spielen. Im Fußball ist alles möglich, auch der Aufstieg mit Sandhausen.

    Haben Sie schon Pläne für nach der Karriere?

    Ich wollte immer gerne Trainer sein, am liebsten in Deutschland. In Argentinien sind die Leute noch fanatischer, wenn du vier Spiele verlierst, heißt es, Trainer weg. Dort kann man nicht in Ruhe arbeiten. Hier schauen die Leute das Spiel an und gehen nachhause, in Argentinien spricht man die ganze Woche über das Spiel. Hier hat man auch Respekt vor den Spielern, wenn jemand eine Chance vergibt, heißt es trotzdem, er wollte das Tor machen, in Argentinien denken die Fans, der Spieler hat mich Absicht vergeben und muss sofort weg. Ich muss aber auch mit meiner Frau reden, denn ich bin hier, mache meinen Beruf, bin total zufrieden und meine Frau ist zuhause, es ist manchmal schwer für sie. Dann müssen wir wie gesagt auch sehen, was besser für unsere Tochter ist.

    Der Glauben spielt für Sie eine große Rolle, habe ich gelesen...

    Ich und meine Familie sind sehr gläubig, schon als Junge war ich immer in der Kirche. Ich bin evangelisch, in Argentinien sind etwa 80 Prozent Katholiken.

    Beten Sie vor Spielen?

    Ich bete für alles. Gott macht alles, die Möglichkeit, dass ich hier spielen kann, die Erfahrung mit dir.

    Was sind Ihre Hobbys?

    Momentan bin ich weit weg von meinem Land, daher ist mein Hobby Internet und Telefonieren. Wenn ich mit meiner Frau in Nussloch bin, trinken wir Mate, eine argentinische Spezialität und gehen gerne spazieren. Wenn ich wo bin, möchte ich auch die Geschichte der Gegend erkunden.

    Sie sind eine argentinische Zehn, ist vielleicht Maradona Ihr Vorbild?

    Als Spieler schon, sein Charakter ist nicht so meine Sache. Er ist vom Lebensstil kein Vorbild für die jungen Leute in Argentinien. Momentan gibt es Spieler wie Gerrard, Lampard oder Pirlo, das sind sehr gute Spieler.

    Vielen Dank für das schöne Gespräch, Leandro und alles Gute hier in Sandhausen.

    Ingrid Gebert

    Zur Tabelle der dritten Liga

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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