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  • 1. FC Union Berlin, 14. Januar 2008

    „Fehler sind dazu da, um gemacht zu werden und Ahlen war einer“


    Von:  Anne80

    Nico Patschinski spielte schon für viele Vereine, u.a. trug er die Trikots des SV Babelsberg 03, von Dynamo Dresden, dem FC St. Pauli, Eintracht Trier und LR Ahlen. Über seinen Weg zum Fußball, die Babelsberger Fans, den Hamburger Kiezverein und seine Abstiegsserie stand er uns nun Rede und Antwort.

    In jungen Jahren wollten Sie Eishockeyspieler werden. Wie und warum kamen Sie dann doch zum Fußball?

    Eishockeyspieler wollte ich ja aufgrund meines Vaters werden, weil der das auch gemacht hat. Zu DDR-Zeiten war der DDR-Eishockeysport sehr begrenzt auf zwei Vereine und deshalb haben meine Eltern dann irgendwann gesagt: „Geh mal lieber zum Fußball. Da kannst Du in mehr Vereinen spielen, ein bisschen mehr erreichen und vielleicht auch mal in den Westen fahren.“ Nur deshalb bin ich dann eigentlich auch vom Eishockey zum Fußball gewechselt. Ich hatte mich zwar schon immer für den Fußballsport interessiert, aber Eishockey war doch immer meine große Liebe. Aber so verkehrt war ja der Entschluss dann doch nicht.

    Ihr Vater, der ja sehr aktiv im Eishockey war, hat Sie da unterstützt?

    Ja. Der musste dann mit Eishockey aufhören aufgrund irgendwelcher parteipolitischen Sachen und deshalb war das auch für ihn okay.

    In Ihrer Babelsberger Zeit haben Sie geäußert, dass Berliner Spieler bei Babelsberger Fans keine Chance haben. Wie kamen Sie zu dieser Aussage? Was hat sie dazu gebracht bei Ihrem letzten Spiel den Babelsberger Fans sogar den Mittelfinger zu zeigen?

    Das ist so nicht ganz richtig. Es war damals so eine Zeit, in der viele von Union nach Babelsberg gegangen sind. Da waren die ‚Einheimischen’ teilweise auf der Bank und man wurde dann so ein bisschen mit Argwohn betrachtet. Deshalb war man in dem Sinne als Berliner nicht so der Liebling der Leute dort. Das wollte ich damit ausdrücken.

    Den Stinkefinger habe ich nur gezeigt – da war ich ja dann schon in Dresden – als ich in Babelsberg noch mal ein Tor gemacht habe. Wenn man 90 Minuten nur beschimpft und beleidigt wird, dann kommt es halt zu einem kleinen Ausbruch, der dann auch mal raus muss. Das Babelsberger Publikum war für mich damals nicht so angenehm. Aber gut, das ist ja jetzt auch schon eine Weile her.

    War das Spiel mit St. Pauli, bei dem Sie ein Tor gegen Bayern München geschossen haben, für Sie das größte Ihrer Karriere?

    Das war natürlich auf jeden Fall das, was am meisten in Erinnerung bleibt. Klar, als Fußballspiel war es auch mit eins der Besten, aber ich denke, es gab viele schönere Spiele, die auch ein Stück wichtiger waren. Zum Beispiel in Nürnberg, wo wir von der zweiten in die erste Liga aufgestiegen sind. Da konnte ich zwar nicht spielen, weil ich mit Gelb gesperrt war, aber da habe ich mit auf der Bank gesessen. Also was da den Tag los war, das vergisst man nicht.

    Dann beispielsweise mit Trier einige Spiele. Also da gibt es schon ein paar, die rein von der emotionalen Seite noch schöner waren. Aber von der Wichtigkeit und von der Medienpräsenz, war natürlich das Bayernspiel bisher das Größte.


    Nico Patschinski im Gespräch mit die-fans.de

    Ist der FC St. Pauli wirklich immer noch der viel besungene Kult-Club? Wenn ja, was macht Ihn Ihrer Meinung nach dazu?

    Ja, denke ich schon. Es gibt glaube ich keinen bunteren Verein und wenn man da selber gespielt hat, weiß man es erst richtig. Früher gab es da eine Wirtin, die hatte Hände wie Reibeisen. Dann gab es einen Zeugwart, der hat mehr Kinder als Zähne. Alle Nationen spielen da, im Stadion riecht es nach Haschisch und das ist eine ganz besondere Sache. Dann hat man so viele Fans, so ein breites Publikum vom Millionär bis zum Punker, der versucht da mit seinem Hund ins Stadion zu kommen. Also das ist eine ganz tolle Mischung und so was gibt, es ja nicht mehr allzu häufig in Deutschland. Im Zuge des neuen Stadions wird sich das auch vielleicht ein bisschen abkühlen aber ich denke das wird ewig der Kult-Club bleiben.

    Als der FC St. Pauli aus der zweiten Bundesliga in die Regionalliga abstieg, war zu lesen, dass Sie bei Trainer Franz Gerber in Ungnade fielen. Warum?

    Das war damals eine recht merkwürdige Geschichte. Ich hatte da bis zum Winter ganz ordentlich gespielt, auch relativ viel Tore geschossen. Aber dann war er auf ein Mal der Meinung, dass ich nicht mehr gut genug bin. Ich war dann plötzlich draußen, weil ich angeblich nicht so trainiert hätte, wie es sich für einen Profi gehört. Er hat mir auch nie genau einen Grund genannt, deswegen kann ich da auch nicht mehr Informationen geben. Das war halt einfach so. Deshalb werde ich vermutlich auch mit Franz Gerber nicht mehr zusammen in den Urlaub fahren. Ich glaube das wird es nicht mehr geben.

    Gibt es noch eine Verbindung zu St. Pauli und wenn ja, wie stark?

    Ja, also ich kenne den jetzigen Trainer, den Holger Stanislawski, ganz gut. Wir waren ja drei Jahre bei Auswärts- und Heimspielen immer zusammen auf einem Zimmer. Mit dem telefoniere ich ab und zu mal. Thomas Meggle kenne ich auch noch ein bisschen. Wenn man mal in Hamburg ist, guckt man halt vorbei. Aber von den Spielern sind nicht mehr soviel übrig, wie ich eigentlich gehofft hatte.

    Wie war es für einen weit gereisten Profi, wie Sie, bei einem Provinzverein wie dem LR Ahlen zu spielen, der beispielsweise kaum Zuschauer hat?

    Da gibt es nicht viel zu sagen. Fehler sind dazu da, um gemacht zu werden und das war einer. Wir sind mit Trier aus der Liga abgestiegen. Dann gab es mehrere Möglichkeiten und LR Ahlen klang ganz interessant. Vom Geldverdienen her war es sowieso gut und sportlich sah es eigentlich auch ganz gut aus. Von den Namen, die in der Mannschaft gespielt haben, dachte ich eigentlich, dass da mehr drin wäre als der vorletzte Platz. Aber das hatte sich ja dann relativ schnell erledigt gehabt. Aber vom dort leben her ist es natürlich für so einen Stadtmenschen, der Berlin und Hamburg kennt, eine mittlere Katastrophe. Der einzig gute Aspekt an Ahlen war, dass mein Sohn dort geboren wurde. Insofern war die Ruhe vielleicht gar nicht so verkehrt. Aber ansonsten würde ich das nie wieder machen.

    Fünf Jahre, drei Vereine, vier Abstiege – hatten Sie bei der Wahl Ihrer Vereine den falschen Riecher?

    Das wir mit St. Pauli aus der ersten Liga absteigen, das war ja vorher schon fast allen klar. Da hätte schon ein Wunder her gemusst, um das zu schaffen. Aus der zweiten Liga mit Pauli abzusteigen war schon bitter, weil das nicht nötig war. Das war eigentlich sehr schade. Mit Trier haben wir uns das erste Jahr sehr gut gehalten. Das zweite Jahr sind wir leider abgestiegen, was mir bis heute noch sehr weh tut. Das muss ich schon sagen, das war auch vermeidbar. Mit Ahlen, na gut, da lief dann alles schief. Ich habe schon gesagt, normalerweise darf mich keiner mehr verpflichten. Das ist ja ganz klar. Mit dem Namen auf der Schulter: immer abgestiegen, wie gesagt vier Mal in fünf Jahren. Ich habe auch gesagt, ich gelobe Besserung und hoffe, dass ich das Kontingent an Abstiegen aufgebraucht habe, denn das ist natürlich schon immer bitter. Aber ich denke außer Ahlen hätte ich alles wieder gemacht. Ich wäre auch zu den Vereinen wieder gegangen. Deshalb hängt mir nur der Ahlen-Abstieg nicht hinter her, der war so emotionslos. Die anderen Abstiege, die haben schon sehr wehgetan.

    Zum zweiten Teil des Interviews

    Geschrieben von:  Anne80

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