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  • FC Augsburg, 30. Januar 2008

     

    „Stuttgart hatte eine absolute Weltklassemannschaft“


    Von:  Eodin

    In der Mannschaft der ‚jungen Wilden’ war er schon einer der älteren Spieler. Timo Wenzel konnte mit dem VfB Stuttgart im Jahre 2003 Vizemeister werden und war danach beim 1. FC Kaiserslautern der Kapitän. Mit dem FC Augsburg strebt der Verteidiger nun in der Rückrunde den Klassenerhalt in der zweiten Bundesliga an. Über seine bisherige Karriere und seine Ziele sowie seine Wünsche redete der 30-Jährige im Gespräch mit die-fans.de.

    Herr Wenzel, wie läuft die Vorbereitung? Ist die Mannschaft bereit für den Abstiegskampf?

    Die Vorbereitung war ganz gut. Wir hatten viele Spiele mit sehr guten Gegnern. Wir haben gegen Wolfsburg und Duisburg sehr gute Ergebnisse erzielt, wo wir jeweils Unentschieden gespielt haben. Aber wir dürfen uns natürlich nicht blenden lassen von dieser Vorbereitung. Am Sonntag geht es los und wir freuen uns. Wir haben etwas gut zu machen gegen 1860 München (Anm.d.Red.: Augsburg verlor das Hinspiel zu Hause gegen den TSV mit 2:6) und wir sind auf jeden Fall gewappnet für den Abstiegskampf. Wir haben eine sehr gute Mannschaft, das sollten wir nun jetzt mal zeigen, wie in den letzten vier, fünf Spielen in der Vorrunde.

    Glauben Sie, dass die Neuzugänge Michael Thurk und Marco Küntzel dem FC weiterhelfen können?

    Ich denk schon, beide sind gestandene Erstligaspieler, die ihr Potenzial auf jeden Fall schon gezeigt haben. Michael hat bisher eigentlich ganz gut eingeschlagen und auf die Dauer werden uns beide auf jeden Fall weiterhelfen. Marco ist noch mit sich selbst ein bisschen beschäftigt, aber wir helfen ihm.

    Mit sich selbst beschäftigt?

    Marco und ich haben am Wochenende das erste Mal auf der linken Seite zusammen gespielt und er war mit sich selbst nicht ganz zufrieden und hat mit sich gehadert. Aber wir waren dabei und haben gesagt, ‚Du Marco, es geht einfach weiter’. Er hat halt dann immer seinen Kopf in den Sand gesteckt und lief mit dem Kopf nach unten. Ich weiß nicht, was er in dem Spiel hatte. Vielleicht war er angefressen, aber in der zweiten Halbzeit war es dann auf jeden Fall besser. Man hat halt gemerkt, dass er in der ersten Halbzeit nicht ganz mit sich zufrieden war, vielleicht hat er auch nur schlecht geschlafen. Aber es war jetzt nicht irgendwas Dramatisches.

    Letzte Saison standen Sie meistens nicht von Beginn an auf dem Platz. Wie konnten Sie den Trainer zum Ende der laufenden Hinrunde überzeugen?

    Ich muss ehrlich sagen, dass ich gar nicht so viel gemacht habe. Ich habe genauso weitertrainiert wie sonst auch. Der Vorgänger (Anm.d.Red.: Trainer in Augsburg vor Ralf Loose war Rainer Hörgl) hat mit einer Dreierkette in der Abwehr gespielt, was ich noch nie gespielt habe. Das System war für mich neu und ich musste mich erstmal total umstellen. Ich habe in der letzten Saison am Anfang gespielt, dann lief es bei mir und bei der Mannschaft auch nicht. Dann war ich draußen und hab zwischendurch im Mittelfeld gespielt.

    Der neue Trainer hat dann auf das 4-4-2-System umgestellt und hat gesehen, dass es besser ist, mit einer Viererkette in der Abwehr zu spielen, weil die Außen halt mehr nach vorne spielen können. Ich hab vorher genauso gearbeitet wie jetzt auch und der Trainer hat einfach gesagt, er wisse nicht, warum ich vorher nicht gespielt habe und das interessiere ihn auch nicht. Da spielt man natürlich auch eine Schippe besser, wenn man weiß, dass der Trainer hinter einem steht. Es lief in den letzten Spielen sehr gut für die Mannschaft und natürlich auch für mich.

    Können Sie sich vorstellen, in Augsburg zu bleiben, wenn der Verein absteigt?

    Mein Vertrag läuft im Sommer aus. Bei mir läuft es momentan sehr gut und ich bin noch ein halbes Jahr hier. Es wird sich zeigen, was passiert. Ob ich verlängere oder ob ich weggehe, steht noch alles in den Sternen. Ich gehe ich auf jeden Fall weg oder bleibe für die zweite Bundesliga oder ich gehe weg und Augsburg ist immer noch in der zweite Liga. Aber wir fühlen uns wohl und müssen mal schauen, was in den nächsten paar Wochen passiert.

    Beim VfB Stuttgart zählten Sie zur Garde der ‚jungen Wilden’, zu denen unter anderem Kevin Kuranyi und Philipp Lahm gehörten. Was war der Schlüssel zum Erfolg für diese junge Mannschaft und warum hat es für Sie fußballerisch nicht ganz so weit gereicht wie für die aktuellen Nationalspieler?

    Ich war ja damals zwei oder drei Jahre älter als Kevin. Ich war auch noch so dabei bei den ‚jungen Wilden’, aber dazu zählten eher noch die ganz jungen Spieler. Es war halt einfach so, dass wir befreit aufgespielt haben. Als junger Spieler macht man sich halt gar keine Gedanken. Wir sind einfach ins Spiel gegangen und haben unser Pensum runtergespielt. Wir hatten natürlich auch eine absolute Weltklassemannschaft und waren ein verschworener Haufen. Da hat man sich unter Woche zwei, drei Tage getroffen. Wir waren mal im Kino oder Bowling spielen, dass halt wirklich die Mannschaft total zusammengeschweißt. Wenn das Team gut funktioniert, hat man auch Erfolg. Das ist momentan jetzt auch so, dass es hier in Augsburg auch in die Richtung geht. Wir machen auch sehr viel zusammen, das sieht ganz gut aus und ich hoffe, dass sich das auch auf das Spielfeld überträgt. Wir müssen halt das zeigen, was wir können und zu was wir imstande sind.

    Es gehört natürlich Glück dazu. In Stuttgart war es halt so, dass Kevin viele Tore gemacht hat und ich neben Philipp gespielt hab. Philipp hat auf der linken Seite und ich zentral gespielt. Ich bin dann damals von Stuttgart einfach weg. Ich war ein sehr junger Spieler und kam aus der eigenen Jugend. Man hat halt nie dieses Ansehen, wie wenn man irgendwann mal zu einem anderen Verein wechselt. Dann bin ich zu Kaiserslautern gewechselt, wo ich zweieinhalb Jahre war. Meine Zeit in den ersten eineinhalb Jahren war sehr gut, als wir zweimal nicht abgestiegen sind. Im letzten Jahr haben die Trainer nicht mehr auf mich gebaut, wir sind abgestiegen und hatten in der Saison auch nur vier Spiele. Davor war ich beim FCK Kapitän und habe fast alle Spiele bestritten. Man kann also nicht sagen, dass man das Fußballspielen verlernt hat. Ich hatte in Lautern fünf Trainer in zweieinhalb Jahren. Davon waren zwei oder drei Trainer auf meiner Seite, die anderen zwei konnten mit mir anscheinend nichts anfangen. Dann ist es natürlich schwer. Danach wollte ich halt auf jeden Fall gehen und bin jetzt in Augsburg.

    Glück spielt hat in der Karriere eine Rolle. Bei Lautern lief es im ersten halben Jahr absolut überragend, besser geht es gar nicht. Dann wurde ich zum Kapitän gewählt und dachte, dass gibt noch einen Schub. Durch dieses Amt habe ich mir zu viele Gedanken über andere Leute gemacht. Viele Spieler sind auf mich zugekommen und haben gefragt, was los ist und warum sie nicht spielen. Ich habe mich halt dann mit dieser Materie beschäftigt. Ich war auch erst Mitte 20. Dass ich dieses Amt übernommen habe, kam zu früh in meiner Laufbahn.

    Kevin und Philipp haben weitergespielt und es lief immer weiter gut. Dann ist man auf die jungen Spieler gekommen und hat sie eingeladen. Bei mir war es dann natürlich nicht so, aber ich gönne es den Jungs absolut und wir sehen uns ab und zu nochmal, damit hat sich es. Man verfolgt das natürlich schon. Jetzt sind es Weltstars geworden, genauso wie Miro Klose, mit dem ich noch zusammengespielt habe, da könnte ich jetzt einige aufzählen. Ich würde aber alles wieder so machen.

    Zu Ihren Trainern zählte auch Felix Magath. Ist er wirklich der ‚Quälix’, wie er oft genannt wird?

    Felix Magath ist ein absoluter Top-Trainer. Er hatte mit fast jedem Verein, den er trainiert hat, Erfolg gehabt. In Wolfsburg wird er auch irgendwann seinen Erfolg haben. Die Mannschaft muss sich einfach einspielen. Er verlangt vom Spieler 100 Prozent im Training, aber jeder weiß, wenn er sich im Training voll reinhängt, bekommt er auch seine Chancen bei ihm. Das macht ihn auch als Trainer aus. Ob einer 20 Jahre oder 38 Jahre alt ist egal. Wenn der Spieler sein Pensum noch spielen kann und gut trainiert, bekommt er seine Gelegenheit. Da ist es unwichtig, ob man Meier oder zum Beispiel Marcelinho heißt. Er hält von jungen Spielern sehr, sehr viel. Wenn man ihn überzeugt, dann bekommt man auch seine Einsätze. So war es damals bei mir auch, beim Andreas Hinkel oder den andern jungen Spielern, die unter ihm den Durchbruch geschafft haben.

    Obwohl sie lange Zeit Kapitän beim 1. FC Kaiserslautern waren, kamen Sie in Ihrer letzten Saison in Kaiserslautern nur viermal in der Bundesliga zum Einsatz. Woran lag das?

    Jeder Trainer hat halt seine eigene Ansicht. Der eine Trainer sagt, das ist mein Mann, auf den baue ich. Der andere Trainer hat eine andere Philosophie, der sagt dann, das ist zwar ein guter Spieler, aber der passt nicht in mein Konzept. Da hat man dann als Spieler ganz schlechte Karten. Ich hab versucht im Training Gas zu geben, aber es kam dann einfach nichts dabei heraus. Es gibt viele Spieler, die unter einem neuen Trainer wieder aufblühen. Zum Beispiel wird David Odonkor für die Weltmeisterschaft nominiert, obwohl er vorher nie dabei war. Klinsmann hat gesagt, das ist mein Mann für die Außenbahn, der ist schnell und ein anderer sagt halt, der kann nicht kicken. Solche Faktoren spielen im Fußball eine Rolle, aber wenn es um Leistung geht und ein Spieler ist vielleicht einen Tick besser oder es passt irgendetwas nicht, dann hast du halt ganz schlechte Karten. So ist das Geschäft, es ist hart, aber das gehört auch dazu. Es ist ein Lernprozess, so dass man halt weiß, dass es nicht immer nur schnell nach oben geht.

    Welche Fans haben Sie am meisten beeindruckt und welcher Trainer hat Sie am meisten weitergebracht?

    Die Fans jedes Vereins, bei dem ich bisher gespielt habe, waren die Fans eigentlich klasse und der zwölfte Mann auf dem Platz. In Stuttgart war es halt so, dass wir dort die besten Zeiten hatten. Letztes Jahr sind sie zwar Meister geworden, aber zu dem Zeitpunkt damals war es das Non Plus Ultra. In Kaiserslautern stehen die Fans absolut hinter der Mannschaft, aber die Stimmung kann sehr schnell kippen. Beim FC Augsburg sind die Anhänger bei jedem Spiel da und feuern uns immer super an. Es ist hier alles noch im Anfangsstadium. Aber, wenn das neue Stadion gebaut wird, dann kommen noch mehr Leute.

    Unter Felix Magath habe ich sehr viel gelernt. Unter anderem Eigen-Disziplin oder was man im Training umsetzen kann und muss. Auch, dass der Körper das Kapital ist. Unter ihm habe ich auch mein erstes Bundesligaspiel gemacht. Ihm habe ich sehr viel zu verdanken.

    Welche Ziele haben Sie für die Zukunft und haben Sie schon eine Vorstellung, was Sie nach Ihrer Fußballkarriere machen wollen?

    Mein Ziel ist es momentan, einfach so weiterzuspielen wie es momentan läuft. Ich will auf diesem Niveau drei, vier oder vielleicht sogar fünf Jahre spielen. Und natürlich wünsche ich mir Gesundheit für mich persönlich und meine komplette Familie.

    Ich habe ja mal gesagt, dass ich mit 30 Jahren intensiver beschäftigte, was ich nach meiner Karriere mache. Das ist jetzt und man hört sich schon ein bisschen um, welche Schiene man gehen will. Ob man Trainer, Jugendtrainer oder Manager werden will. Vielleicht auch etwas ganz anderes. Ich bin da gerade noch am suchen und schauen. Jetzt ist es noch zu früh, sich einen Kopf darüber zu machen. Ich habe mir aber gesagt, dass ich mich damit langsam beschäftigen will, damit ich nicht mit 34 oder 35 Jahren dastehe und sage, oh, was mache ich jetzt. Ich überlege auf jeden Fall auch schon mit meiner Frau, aber das wird noch auf uns zu kommen. Ich werde jetzt überall ein bisschen reinschnuppern, egal ob als Trainer oder Jugendtrainer. Die Arbeit als Jugendtrainer könnte ich mir eventuell vorstellen. Das kann ich jetzt noch nicht so genau sagen.

    Wie wäre Ihr Leben verlaufen, wenn Sie kein Fußballer geworden wären? Was würden Sie heute machen?

    Ich habe damals meine Lehre als Maschinenbauer bzw. Industriemechaniker erfolgreich beendet. Ich habe dann auch dort für eine Firma, die Computerdrucker und auch Ticketdrucker für die Deutsche Bahn hergestellt hat, gearbeitet. Das war sehr interessant, aber diese Firma gibt es leider nicht mehr. Vielleicht wäre ich damals bei dem Job geblieben oder hätte mich weiterentwickelt und hätte jetzt ein ganz normales Leben. Es könnte sein, dass ich um sieben Uhr morgens anfange zu arbeiten und um 16 Uhr aufhöre. Das Leben finde ich aber auch nicht schlecht. Ich kenne beide Seiten und deswegen habe ich aber auch kein Problem nach meiner Karriere, ganz normal arbeiten zu gehen. Da weiß ich dann, dass ich am Wochenende frei habe und die Zeit mit meiner Familie und Freunden verbringen kann. Und eben nicht am Samstag oder Sonntag ein Spiel habe.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Geschrieben von:  Eodin

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