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  • 09. Januar 2007

     

    LFC 1892: Interview mit Trainer Michael Wolf


    Von:  Systema

    Mit Lennard Peter hat der Oberligist LFC 1892 Berlin einen neuen Torwart gefunden. Der 19-jährige Keeper wechselt ablösefrei von der zweiten Mannschaft von Hertha BSC nach Lichterfelde und erhält dort einen Vertrag bis zum 30. Juni 2008. Derzeit arbeiten die LFC-Verantwortlichen daran, dass Peter schon am kommenden Samstag beim Oberliga-Hallenturnier mitwirken kann. Unterdessen stellte sich Trainer Michael Wolf für ein Interview zur Verfügung, in dem er sich zu den beiden Neuzugängen, den Saisonverlauf und die Ziele für die nächsten Monate äußert.

    Hallo Micha, die ersten sechzehn Spiele als Oberligist sind vorüber. Wie sieht Deine Bilanz zum Jahreswechsel aus?

    Wir können alle sehr zufrieden sein mit dem ersten halben Jahr. Das Sahnehäubchen mit dem leidenschaftlichen Pokalspiel gegen die Hertha Amateure (2:3 in der 90. Minute) blieb uns zwar nicht vergönnt, aber es kann nur Anlass zur Freude bei uns geben. Mit 26 Punkten aus 16 Spielen, mit Spielern, die wieder interessant für höherklassige Vereine sind wie Tim Lensinger, Tim Felsenberg oder Gökhan Senol und auch das Interesse anderer guter Spieler am LFC 1892 Berlin haben wir den Verein wieder in die richtige Spur gebracht. Übrigens, vielmehr als die vielen Punkte können wir uns über die Komplimente der anderen Mannschaften freuen, die uns in fast jedem Spiel eine gute bis sehr gute spielerische Leistung bescheinigt haben. Es wird keine Mannschaft geben, die gegen uns Punkte abgegeben hat und sagt, dass wir Glück hatten und eigentlich die Schlechteren waren. Das ist für einen Aufsteiger sehr bemerkenswert, wie ich finde.

    Gab es denn auch mal Dinge, die Dich gestört haben?

    Ja, klar. Auch bei uns scheint nicht nur die Sonne im Training oder Spiel. Nur versuchen wir, wenn sie scheint, es auch so zu empfinden.

    Wirst Du dann auch mal lauter?

    Ja. Grundsätzlich immer dann, wenn jemand unter seinen Möglichkeiten bleibt. Wenn jemand leichtfertig unseren Erfolg aufs Spiel setzt. Wenn jemand seine Eitelkeiten auf Kosten aller anderen auslebt oder jemand foul ist. Trotzdem sollen natürlich alle Individualisten bleiben und auch Schwächen haben. Das muss sich nicht ausschließen.

    Gibt es jemanden, wo Du das eine oder andere Mal fast geplatzt wärst vor Wut?

    Ehrlich gesagt? Ja. Nun werde ich hier keine Namen thematisieren und es sind nicht nur Spieler. Aber Spieler, die nur etwas einfordern, selbst aber nicht die Grundregeln eines Miteinanders einhalten können, werden von mir nicht Außen vorgelassen, sondern direkt darauf angesprochen. Das ist ehrlich, manchmal hart, aber konsequent. Ich glaube, die Spieler schätzen diese Art eher, als dass ein Schlendrian bei uns Einzug halten würde oder etwas hintenherum passiert. Jeder weiß bei uns woran er ist.

    Wie geht Ihr bei Transfers vor?

    Neben der sportlichen Einschätzung, der finanziellen Machbarkeit sind die Entwicklungsfähigkeit und der Wert fürs Team weitere wichtige Dinge bei der Entscheidungsfindung. Das wichtigste Kriterium ist aber der Charakter, die Persönlichkeit. Das muss passen.

    Gibt es manchmal unterschiedliche Betrachtungsweisen? Wer entscheidet über Transfers?

    Bei uns sind die Aufgaben klar verteilt. Ich muss am Ende den Kopf hinhalten, also konsequenterweise ich. Aber die finanzielle Machbarkeit regelt der Vorstand und es werden grundsätzlich viele Meinungen eingeholt. Das ist bei uns keine One-Mann-Show. Idealerweise sind die Rollen bei uns gut besetzt. Da gibt es den Finanzier, den Bedenkenträger, den Mutigen genauso wie den Pessimisten.

    Gibt es Spieler die der LFC bislang nicht bekommen hat?

    Klar gibt es die. Dazu sind unsere Rahmenbedingungen einfach zu eng gesteckt.

    Mal enttäuscht darüber gewesen?

    Im ersten Augenblick immer. Aber es ist, wie es ist. Für jeden guten Spieler gibt es in Berlin mindesten zwei weitere, die bei uns ihren Weg in der Oberliga gehen könnten. Die muss man finden und daran arbeiten wir täglich.

    Was sagst Du denn den Spielern, damit sie nach Lichterfelde kommen sollen?

    Nichts, was wir nicht halten können. Unser Stil Fußball zu spielen ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Zuverlässigkeit bei den Aufwandsentschädigungen, unsere Trainingsarbeit, der Leistungsgedanke und das Gefühl in einer richtig guten Gemeinschaft an den eigenen Träumen und Zielen arbeiten zu können, sind weitere. Wir halten, wie man inzwischen vielleicht weiß, keinen Spieler fest, der höherklassig oder aber besser bezahlt seiner Leidenschaft nachgehen kann. Wir sind nicht der Nabel der Welt, sehen uns eher als Sprungbrett. Auch das kann ein Weg sein.

    Gibt es Neuzugänge im Winter?

    Mit Christian Preiß steht ja schon ein Spieler fest. Dazu habe ich mich ja schon mal geäußert. Mit einem hochtalentierten Torwart werden wir uns weiter verstärken, es ist Lennard Peter von den Hertha Amateuren, den ich stärker als Nico Pellatz einschätze. Weitere Probespieler stehen bei uns noch im Januar auf der Matte, dann werden wir sehen. Wir wollten unseren Kader verkleinern und haben dadurch unseren Jahres-Etat insgesamt noch einmal um mindestens ein Siebtel entlastet und werden nur dann Spieler unter Vertrag nehmen, wenn sie in unser Schema passen und uns auch wirklich weiter bringen.

    Lensinger wechselt zu den Hertha Amateuren. Dazu gibt es mindestens sechs weitere Abgänge. Ist der Kader nicht zu klein?

    Nein. Wir haben ja bewusst darauf hingearbeitet, dass wir unseren Kader im Winter verkleinern wollten, denn 25 Spieler waren zuviel. Nach dem Aufstieg wollten wir aber keinen Spieler die Chance auf die Oberliga verbauen. Zum Thema Lensinger muss man sagen, dass wir uns alle freuen können, dass ein veranlagter Spieler durch gute Leistungen sozusagen über den zweiten Bildungsweg noch einmal eine Chance bekommt groß anzugreifen. Die anderen Spieler hatten bei nun noch 14 ausstehenden Spielen einfach wenig Chance auf Spielpraxis, so ehrlich muss man sein. Manuel Marschel soll aber im Sommer wiederkommen, er braucht Praxis. Hoffentlich bekommt er sie bei Makkabi.

    Nun steht ja vielerorts das scharfe Schwert der Regionalligaqualifikation ins Haus. Wenn man dabei sein will, dann muss man in der nächsten Saison mindestens Platz vier erreichen. Wie sehen die Ambitionen von Lichterfelde aus?

    Nun, wir werden nie die Situation erreichen, dass es selbstverständlich sein wird in diese Liga zu kommen, weil wir genug Geld, die besseren Spieler oder beste Rahmenbedingungen haben. Wir können nur versuchen an jeder Schraube zu drehen, dass es besser wird. Mit mir wird es auch niemals einen unvernünftigen Weg geben. Ich möchte nicht, dass der Verein seine Leistungsorientierung irgendwann einmal begraben muss, weil man über seine Verhältnisse gelebt hat. Auf Deutsch gesagt, will ich nicht dass auf dem Stadiongelände ein Kreuz montiert wird mit meinem Namen drauf, wo außerdem steht, dass Michael Wolf verantwortlich war für die marode Finanzwirtschaft der letzten Jahre. Das wird es mit mir nicht geben.

    Will der Lichterfelder FC in die Regionalliga?

    Ja, aber nur im Rahmen unserer Möglichkeiten.

    Verbessern sich die Möglichkeiten? Wird der Etat erhöht?

    Wir arbeiten gerade in einem großen Team daran. Die Geschäftstelle, die nun gebaut wird, tut ihr übriges. Und der Etat soll möglichst auch deshalb erhöht werden, weil Geld Zeit schafft. Zeit, die sich der einzelne nehmen kann um sich intensiver um das Erreichen des Zieles zu kümmern. Aber Garantien gibt es nie. Und außerdem wollen wir auf allen Ebenen Werte schaffen, die wie ein geldwerter Vorteil sich dauerhaft auszahlen.

    Noch eine Frage zur persönlichen Zukunft. Bleibst Du auch in der Zukunft weiter in Lichterfelde?

    Eigentlich ist schon viel zuviel darüber spekuliert worden. Fakt ist, dass ich ein großes Risiko damals eingegangen bin Lichterfelde in der Verbandsliga zu übernehmen und mit einer offensiven und attraktiven Spielweise mit einem vergleichbar bescheidenen Etat in die Oberliga zu verhelfen. Das hätte leicht ins Auge gehen können und ich als Trainer wäre erstmal „verbrannt“. Wir haben bislang alles richtig gemacht, aber, und die Frage muss erlaubt sein, wie geht es weiter? Ich will nicht ausschließen, dass ich auch in Zukunft in Lichterfelde tätig bin, weil mir der Verein und die Mannschaft ans Herz gewachsen sind. Aber nicht umsonst habe ich mir eine Freigabeklausel geben lassen. Ich bin überzeugt davon auch in der Regionalliga ein guter Trainer sein zu können.

    Micha, vielen Dank fürs Gespräch und viele Rückrundenpunkte.

    Ja, daran werden wir ab nächsten Montag intensiv arbeiten.

    Das Interview führte Markus Gigart

    Geschrieben von:  Systema

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