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Festschrift – 25 Jahre Tornados Rapid
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  • TuS 1906 Heeslingen, 11. Februar 2008

    „Ein guter Spieler ist noch lange kein guter Trainer“


    Von:  Anne80

    Torsten Gütschow, derzeit Chef-Trainer beim TuS Heeslingen, hat eine traumhafte Karriere als Fußballspieler hinter sich. Er ist der letzte ‚Fußballer des Jahres’ der DDR, wurde drei Mal in Folge Torschützenkönig, gewann zwei Meisterschaften und spielte drei Mal in der Nationalmannschaft der DDR. Seit Juli 2006 ist er bei TuS Heeslingen, mit dem er schon in seinem ersten Jahr den Aufstieg in die Oberliga feiern konnte.

    Im ersten Teil unseres Interviews berichtet Torsten Gütschow wie er zum Fußball kam und wie er die Fußball-Kaderschmiede in der DDR durchlief, welche Stationen und Erfolge er auf seinem Weg nach oben mitnahm und welche Vorteile es als Trainer hat, selbst auf dem Platz gestanden zu haben.

    Wie kamen Sie zum Fußball?

    Angefangen hat alles damit, dass ich in meinem Heimatdorf Zodel bei Görlitz in meiner Jugend Fußball gespielt habe, bei Traktor Zodel. Über diesen Verein bin ich dann in das Fußball-Trainingszentrum nach Görlitz gekommen. Dort wurden damals zu DDR-Zeiten, die besten Spieler zusammen geführt. Dort bin ich sportlich positiv aufgefallen, bis mich dann Dynamo Dresden 1976 in die Kinder- und Jugendsportschule nach Dresden geholt hat. Damit bin ich schon bei Dynamo Dresden gelandet.

    Gab es irgendein Schlüsselerlebnis, dass Sie überhaupt mit dem Fußballspielen angefangen haben?

    Das hatte ich im Blut. Sobald es etwas gab, womit man Fußball spielen konnte, ob Handball oder Blechdose, habe ich immer losgekickt. Ich wollte immer Fußball spielen. Egal ob ich vom Kindergarten oder von der Schule gekommen bin, ich wollte im Prinzip immer nur gleich Fußball spielen. Sobald ich aus der Schule kam, wurde der Rucksack in die Ecke gefeuert und dann ging es gleich rauf, auf den Sportplatz. Da habe ich immer fünf, sechs Stunden gespielt, bis es dunkel war. Es hat sich dann halt alles so entwickelt. Ich hatte auf jeden Fall nur eins im Kopf und das war Fußball spielen.

    Man muss auch dazu sagen, dass es damals nicht viele andere Dinge gab, mit denen man sich beschäftigen konnte. So wie heutzutage mit den Computern, da kann man ja so viel machen. Ich finde es allerdings sehr schade, dass viele Jugendliche viel zu viel Zeit am Computer verbringen, anstatt sich mal sportlich zu betätigen. Aber das ist ja jetzt ein anderes Thema.

    Haben Sie denn noch Kontakt zu Ihren Jugendvereinen Traktor Zodel und Dynamo Görlitz?

    Ja, ich habe letztes Jahr mit der Traditionsmannschaft von Dynamo Dresden in Zodel gespielt und wenn ich mal unten in Görlitz, bei meiner Mutter und meinen Geschwistern bin, die noch dort leben, dann fahre ich schon auch mal nach Zodel rein. Viele, mit denen ich in eine Klasse gegangen bin und die dort gelebt haben, sind ja auch weggezogen. Also so den engen Kontakt zu Zodel habe ich nicht mehr, aber in Görlitz bin ich öfter mal. Beide Vereine gibt es noch.

    Sie haben in Ihrer Karriere als Spieler diverse Stationen durchlaufen. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?

    Mir hat es eigentlich überall gefallen. Man erinnert sich ja gerne an die ersten Schritte für Zodel, dann für Dynamo Görlitz und für Dynamo Dresden. Ich muss sagen, dass man sich damals schon absolut entwickelt hat, weil man zu DDR-Zeiten sehr, sehr großen Wert auf Jugendfußball gelegt hat. Gerade die Kinder- und Jugendsportschule war eine super Zeit: Wir hatten früh drei, vier Stunden Schule, dann war Training, Mittag essen, Schule, wieder Training und das jeden Tag. Das hat damals schon ganz schön zusammengeschweißt und man hat sich auch als Persönlichkeit entwickelt.

    Man musste sich sehr zeitig durchsetzen, die Konkurrenz war schon damals riesengroß. Ab der achten, neunten Klasse wurde immer wieder gesiebt und am Ende blieben von den fünfzehn, sechzehn Fußballern in unserer Klasse höchstens zwei übrig, die es dann bis ganz oben geschafft haben. Das ist schon Wahnsinn. Es hat zwar auch riesigen Spaß gemacht, aber man hatte schon damals als Jugendlicher sehr hohen Druck gehabt, wenn man Spieler war.

    Also würden Sie sagen, dass die Ausbildungszeit für Sie dann doch prägender war, als alles, was später kam?

    Nein, also die Erfolge als Spieler, die waren schon großartig. Zum Abschluss 1991 bin ich noch mal ‚Fußballer des Jahres’ geworden. Dann die ganzen Europacup-Spiele mit Dynamo Dresden, die ganzen Länderspiele, zwei Meisterschaften mit Dynamo Dresden, vier Mal Pokalsieger, Torschützenkönig war ich drei Mal. Diese Erfolge waren der Wahnsinn, das sind alles positive Erinnerungen. Der Höhepunkt waren immer die Europacup-Spiele mit Dynamo Dresden. Natürlich dann auch die Zeit in Istanbul oder bei Hannover 96, das will ich alles nicht missen, es waren sehr gute Zeiten als Spieler. Ich habe viele Dinge gelernt, die ich in meine jetzige Tätigkeit auch mit rein nehmen kann

    Sie sind der letzte ‚Fußballer des Jahres’ der DDR. Sind Sie noch stolz auf diesen Titel? Bedeutet er ihnen immer noch etwas?

    Also ‚Fußballer des Jahres’ wird man auf keinen Fall, wenn man unbegabt ist. Man muss schon guten Fußball gespielt haben und das habe ich damals auch. Da bin ich riesig stolz drauf und den Preis habe ich auch noch in meinem Wohnzimmer stehen. Ich habe dafür auch schon zwei, drei Angebote aus der Gegend um Berlin bekommen. Die haben dort ein Museum und wollten mir das Ding schon abkaufen. Es ist halt der original Letzte und der steht bei mir im Wohnzimmer. Das ist für mich immer wieder schön. Ich sehe ihn jeden Tag und bin richtig stolz drauf.

    Könnten Sie sich denn vorstellen, wenn es Sie nicht mehr gibt, den Preis einem Museum zu hinterlassen oder bleibt er in Familienbesitz?

    Meine Kinder wissen ja auch, was das bedeutet. Ich habe ja noch CD´s, Bilder und Kassetten davon. Ich kann mir nicht vorstellen, ihn mal weg zu geben. Aber was meine Kinder damit machen, wenn ich vielleicht irgendwann einmal nicht mehr bin, das weiß ich nicht.

    Sie waren von 1981 bis 1993 bei Dynamo Dresden. Lag es nur an den mangelnden Möglichkeiten seitens des Staats oder gab es in der DDR eine andere Einstellung zur Vereinstreue als heute?

    Das mit dem Wechsel war damals nicht so einfach, es gab solche Verträge wie heute nicht. Man konnte in der DDR nicht so einfach wechseln. Mit der heutigen Situation kann man das gar nicht vergleichen. Heute hat man für ein, zwei Jahre einen Vertrag. Danach muss man sich mit dem Verein wieder zusammensetzen oder man bekommt von einem anderen Verein ein Angebot. So etwas gab es damals alles nicht. Es gab kaum Spielerwechsel. Die in Berlin, Rostock, Chemnitz, damals Karl-Marx-Stadt oder Jena, Magdeburg gespielt haben, die sind alle sehr vereinstreu gewesen. Man konnte aber auch nicht so einfach wechseln wie heute. Es gab keine Ablösesummen, keine festgeschriebenen Verträge, so was gab es alles nicht.

    Also würden Sie es schon eher auf die Verhältnisse in der DDR zurückführen, als auf die Einstellung der Spieler?

    Ja, also ich muss sagen, die Spitzenklubs aus Dresden, Berlin, Magdeburg und Jena das waren schon die Besten in der DDR. Man hat viele Europacup-Spiele gehabt, man hat Länderspiele gehabt, dann die Meisterschaften, also die Oberliga-Meisterschaften. Das waren dann schon auch die besten Mannschaften in der DDR.

    Was war der bedeutendste Moment in ihrer Spielerkarriere, wenn Sie sich auf einen festlegen müssten?

    Mit Galatasaray Istanbul habe ich mal im Viertelfinale gegen den FC Sevilla gespielt.
    Zu der Zeit war dort Diego Maradona. Gegen den habe ich mal direkt gespielt und das war mein größtes Erlebnis als Fußballer.

    Was denken Sie, warum es vielen ehemaligen Fußballern so schwer fällt, in einer anderen Berufswelt Fuß zu fassen?

    Da gehe ich jetzt erstmal von den Spielern aus, die ich aus DDR-Zeiten kenne. Da war es ja so, dass die Fußballer im Prinzip alles bekommen haben. Die brauchten nichts groß machen, brauchten sich um nichts kümmern, die brauchten bloß Fußball spielen. Heute muss sich jeder schon während seiner Fußballkarriere darum kümmern, was danach passiert. Es muss ja irgendwie weiter gehen. Man hat eine Familie zu ernähren und nicht alle Fußballer verdienen Millionen. Man muss sich schon darum kümmern und weiter arbeiten, denn ohne Arbeit, bekommen die meisten Probleme. Mit den ganzen Beratern heutzutage, die viele Spieler haben, das finde ich eigentlich auch unmöglich, denn diese Berater nutzen die Spieler meistens aus. Aber das ist heute nun mal ein Trend, dass man einen Berater hat, dass man als Spieler denkt, ohne Berater geht es nicht, ich brauche Unterstützung. Ich habe selber hier mit Spielern zu tun, die in der Oberliga spielen und mit Beratern ankommen. Also das finde ich unmöglich, ich setze mich nicht gern mit Beratern an einen Tisch. Aber das ist ein anderes Thema.

    Die Meisten sichern sich nach der Spielerkarriere nicht richtig ab. Viele Spieler bekommen dann auch heutzutage riesige Probleme. Da gibt es viele Beispiele. Wenn die sich nicht rechtzeitig gekümmert und keinen Job haben, bekommen die riesige Schwierigkeiten, irgendwas neu anzufangen. Viele, die dann arbeitslos sind, haben eine Familie zu ernähren und die Frau hat vielleicht auch keine Arbeit, das wird dann ganz schön schwierig.

    Aber selbst wenn Spieler es nach ihrer Fußballkarriere geschafft hatten, einen anderen Job zu finden, kamen sie doch wieder in irgendeiner Form zum Fußball zurück...

    Das ist klar, viele kehren zurück. Einige versuchen es auf einer anderen Schiene. Aber wenn man einmal Fußballer war, ist man immer Fußballer und dann möchte man auch irgendwann wieder zurück. Viele versuchen das und bei einigen klappt es ja auch. Die sind wie gesagt dem Fußball verfallen, das ist so drin. Ich kann mir auch nicht vorstellen, einen Job zu machen, der nichts mit Fußball zu tun hat.

    Also fühlen Sie sich jetzt in der Trainerrolle wohl und haben das Gefühl, dass dieser Beruf das Richtige für Sie ist ?

    Ja, na klar. Man muss dazu auch sagen, ich habe erstmal den Fußballlehrer gemacht. Dafür muss man ein Jahr in Köln an einer Schule studieren und dann noch ein Praktikum bei einem Bundesligisten machen. Ich war damals beim VfL Bochum und das war schon auch eine sehr harte Zeit. Da erkennt man ja auch schon, dass man dafür, als Trainer, geboren ist. Man denkt sich, man war ein guter Spieler, aber das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass man auch ein guter Trainer wird. Man muss erstmal für sich raus finden, ob das überhaupt geht, ob man das kann. Das ist schon nicht so einfach. Für mich ist es ein Riesenunterschied als Trainer im Vergleich zu meiner Zeit als Spieler. Eine Mannschaft von 25 Spielern zu führen, wo jeder einen anderen Charakter hat, das ist schon nicht so einfach. Deshalb muss man erstmal feststellen, ob man das hinkriegt oder nicht.

    Welchen Vorteil hat es, als Trainer vorher selbst auf dem Platz aktiv gewesen zu sein? Was können Sie Ihren Schützlingen an Erfahrungen aus ihrer Spielerzeit mitgeben?

    Das ist eigentlich gerade das Wichtigste, dass man als Trainer eigentlich genau weiß, dass man sich in vielen Situationen, in den Spieler rein versetzen kann. Bei einem läuft es beispielsweise mal ein bisschen weniger gut, der Nächste schnappt über. Der eine hat so einen Charakter, dass man ihn nicht vor der Mannschaft hart ran nehmen sollte, dem muss man dann mal ein paar Takte unter vier Augen sagen. Einen anderen Spieler kann man dagegen ruhig mal vor der Mannschaft rund machen, der macht sich dann keinen Kopf, bei dem geht es einfach weiter. Einige hängen viel zusammen und man muss genau raus finden, wie man jeden Spieler zu nehmen hat, weil jeder einen anderen Charakter hat. Das bekommt man mit der Zeit dann raus und das ist ganz wichtig.

    Auch aus sportlicher Sicht ist es so, dass man sich genauer rein versetzen kann. Ich habe auch Spiele abgeliefert, die waren sehr positiv oder sehr negativ. Da weiß man dann auch, wie man dem Spieler am Besten helfen kann, weil man es selbst als Spieler auch schon mal durchgemacht hat.

    Sie waren als Spieler für eine Saison in der Türkei. Könnten Sie sich vorstellen, auch als Trainer einmal im Ausland aktiv zu werden?

    Das würde ich sofort machen, ja, das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Wenn ich da mal ein Angebot bekäme, das wäre riesig.

    Hätten Sie denn einen Favoriten, zu dem Sie gern gehen würden?

    Galatasaray Istanbul, oder ein anderer Klub in Istanbul wäre schon nicht schlecht.

    Zum zweiten Teil des Interviews

    Geschrieben von:  Anne80

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