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  • SV 1916 Sandhausen, 16. September 2010

     

    „Ausreden gibt es jetzt nicht mehr“


    Von:  Stephan R.T.

    Seit dem vergangenen Sommer gehört Frank Löning dem Fußball-Drittligisten SV Sandhausen an, für den er in bisher sieben Spielen fünf Treffer erzielen konnte. Trotzdem läuft es noch nicht richtig rund am Hardtwald, vom Saisonziel Aufstieg ist der SVS derzeit noch weit entfernt. Vor dem nächsten Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II (Samstag, 14 Uhr) stand der 29-jährige Angreifer nun aber erst mal für ein paar Fragen zu aktuellen Situation, zum neuen Trainer Pavel Dotchev und zu privaten Dingen zur Verfügung.

    Hallo Frank Löning, was gibt es für Erkenntnisse nach dem 2:1-Testspielsieg in Hoffenheim?

    Es ist unser Problem seit Wochen, dass wir hinten nicht eng genug am Mann dran sind und zu viele Chancen zulassen. Es muss sich grundlegend was ändern, dass wir von vornherein etwas defensiver denken und mit Mann und Maus hinter den Ball kommen. Das ist unser Problem, woran wir arbeiten werden.

    Nun waren das gestern Erstligaspieler, was ist vom nächsten Ligagegner VfB Stuttgart II zu erwarten?

    Grundsätzlich müssen wir sehen, dass wir unser Spiel durchbringen. Es ist egal, ob das die Hoffenheimer Bundesliga- oder Reservemannschaft ist, oder der VfB kommt. Wir müssen sehen, dass wir dem Spiel unseren Stempel aufdrücken und offensiv spielen, was unsere Stärke ist, um im Verbund mit der Defensivarbeit zum Erfolg zu kommen.

    Hat unser neuer Trainer Pavel Dotchev schon neue Erkenntnisse gewonnen?

    Er ist jetzt zwei Tage im Training dabei gewesen und kennt natürlich einige Spieler, hat zudem Videos gesehen. Er weiß, was auf ihn zukommt und hat, denke ich, einen klaren Plan, wie er die Sache angehen wird.

    Kommt dir sein Spiel-System mit zwei Stürmern entgegen?

    Es ist eigentlich egal, ob ich alleine oder mit einem anderen Stürmer vorne bin. Wichtig ist die Kompaktheit, dass wir hinten gut stehen und vorne immer mal ein Tor schießen. Es ist schön, wenn man jemanden hat, mit dem man zusammenspielen kann, aber da bin ich eigentlich ganz flexibel.

    Du dürftest so oder so gesetzt sein bei dem Saisonstart von fünf Toren in sieben Spielen, bist Du bisher zufrieden?

    Die Torausbeute ist schon ganz in Ordnung, aber mit mir bin ich nur selten richtig zufrieden. Wir haben zu wenige Punkte und da stelle ich meine persönlichen Interessen hinten an. Ich will den Erfolg der Mannschaft und des Vereins und das ist das Ziel für die Saison.

    Worin unterscheiden sich die Trainer Frank Leicht und Pavel Dotchev?

    Es ist immer schwierig, einen ‚Ex-Trainer‘ und den jetzigen Trainer zu vergleichen, das liegt auch nicht in meinem Interesse. Ich versuche, von jedem was Positives mitzunehmen und jeder hat seine Art und Weise, wie er mit der Mannschaft umgeht. Wenn wir die nötigen Punkte haben, kann man sagen, was besser und was falsch ist, aber ich möchte das nicht beurteilen.

    Du kennst im Vergleich zu den meisten Pavel Dotchev schon, weil Du in Paderborn unter ihm spieltest…

    Ja, er hat eine klare Linie, lässt viel Fußball spielen und verbreitet viel Spaß an der täglichen Arbeit. Dadurch muss man versuchen, die sportlichen Ziele zu erreichen und wenn das klappt, hat man ein schönes Leben und wenn nicht, kann es auch ungemütlich werden.

    Was dachtest Du, als Du von der Verpflichtung Dotchevs als Trainer gehört hast, war auch etwas Freude da?

    Ich habe auch so zwischendurch mit ihm Kontakt gehabt, als er nach Bulgarien gegangen ist und unser Verhältnis ist immer ganz gut gewesen. Ich will nicht sagen Freunde, es ist immer eine schwierige Situation, wenn ein Trainer gehen muss, weil wir als Mannschaft versagt haben und nicht das erreicht haben, was der Verein vorgegeben hat. Die Gefühle sind in der Situation geteilt, da ich auch mit Frank Leicht nach wie vor einen guten Kontakt habe.

    Die Fans meinen auch, jetzt steht Ihr in der Pflicht und es gibt keine Ausreden mehr…

    Ja auf jeden Fall, wir haben als Mannschaft versagt und sind dafür verantwortlich, dass der Trainer gehen musste. Wir können uns nur auf das besinnen, was uns stark macht und was jeder einzelne kann, um in diese Erfolgsspur reinzukommen, Ausreden gibt es jetzt nicht mehr.

    Pavel Dotchev meinte, er schätzt Dich auf dem Platz wie außerhalb sehr, wo siehst Du Deine Stärken und Schwächen als Fußballer und wie charakterisierst Du Dich selbst?

    Dieses Kompliment habe ich ihm auch schon mal in einem Interview gemacht. Ich denke, ich bin charakterstark und reagiere besonnen auf Situationen, ob positiv oder negativ. Ich bin Situationen gewachsen, ob es wie jetzt schlecht läuft oder mal gut, man muss auf dem Boden bleiben und den Tatsachen ins Auge sehen. Erfolg wie Misserfolg existiert nur für kurze Zeit und da muss man immer gegen angehen und ich kann damit, glaub ich, umgehen.

    Im Internet stößt man auch gleich auf Deine Aussage: „Ich schätze Herrn Dotchev sehr“, kannst Du das noch etwas umschreiben?

    Er ist einfach menschlich geblieben. Er hat eine große Fußballkarriere hinter sich gebracht, war immer erfolgreich und ist auf dem Boden geblieben. Es gibt einige Profis, die meinen, sie sind etwas Besseres in der Gesellschaft und Pavel ist da ein bodenständiger Mensch, mit dem man über alles reden kann. Er ist auch außerhalb des Fußballs sachlich und fährt eine klare Linie. Das schätze ich sehr, dass man auch über andere Dinge mit ihm sprechen kann.

    Ist es seine Philosophie, Dinge auch nicht zu kompliziert zu machen?

    Das sind die Grundprinzipien eines guten Fußballers, die einfachen Dinge zu machen. Ein Verteidiger ist da, den Ball zu erobern und eine Station weiter zu spielen und der Stürmer, um die Tore zu schießen. Wenn sich jeder auf seine Aufgaben besinnt, noch etwas Verantwortung übernimmt und den anderen hilft, dann kann man erfolgreich sein. Das ist seine Philosophie, die er als Spieler auch hatte, einfachen Fußball zu spielen und nicht etwas Besonderes zu machen. Dafür sind Fußballer wie Ronaldo oder Messi da und weniger die dritte Liga. Das sind viele Schritte nach vorne, die man sich erst erarbeiten muss.

    Wird Taktik manchmal überbewertet?

    Nein, Taktik ist ganz wichtig. Das gehört zum einfachen Fußball, wenn man taktisch gut geschult ist und gut steht, braucht man weniger laufen und hat mehr Kraft. Dann kann man mehr nach vorne investieren und je schneller man das begreift und umsetzt, umso erfolgreicher spielt man.

    Deine Karriere verlief fast ausschließlich in Norddeutschland (Kickers Emden, SV Wilhelmshaven, Werder Bremen), war der Umzug in den Süden nicht so das Problem und andere Dinge ausschlaggebend?

    In erster Linie ausschlaggebend war die Qualität der Mannschaft, ob es im Norden oder Süden ist, ist relativ egal. Ich habe zwar meist oben an der Nordseeküste gespielt, aber es kam immer auf die Qualität und den Verein an. Den SV Sandhausen kann ich etwas mit meinem Heimatverein vergleichen, auch ein kleinerer Ort. Das passte einfach.

    Bei Deiner letzten Station Paderborn hast Du im Aufstiegsjahr zusammen mit Güvenisik viele Tore erzielt, lief das letzte Jahr zweite Liga nicht so wunschgemäß?

    Doch, wir sind Fünfter geworden, das ist ein respektables Ergebnis für einen Aufsteiger. Klar hätte ich mir etwas mehr Einsatzzeit gewünscht, aber ich bekam nicht so das Vertrauen des Trainers. Wahrscheinlich habe ich auch nicht so die Klasse gehabt, um ganz vorne mitzuspielen und daher muss ich einfach nach vorne schauen und wieder angreifen.

    Du hast auch unter Trainer Thomas Schaaf bei Werder trainiert, denkst Du manchmal, es hätte noch besser laufen können?

    Klar will jeder in der Bundesliga spielen und wenn ich nicht gut genug wäre, hätte ich da nicht mittrainiert. Vielleicht habe ich schon die Qualität, weiter oben zu spielen, aber es gehört halt mehr dazu als Talent und mal ein gutes Spiel zu machen. Man muss kontinuierlich gute Leistungen bringen, das habe ich in den letzten Jahren nicht immer hinbekommen und da muss ich nach wie vor dran arbeiten.

    Hast Du das Ziel, noch mal erste Liga zu spielen?

    Klar, ich bin erst 29 Jahre alt. Ich habe noch sechs oder sieben Jahre, um Profifußball zu spielen und mein Traum ist es immer noch, Bundesliga zu spielen und daran werde ich weiterhin arbeiten.

    Wie beschreibst Du Schaaf als Trainer?

    Thomas ist ein Trainer, der Fußball spielen lässt. Er macht keine großen Laufarbeiten, sondern will Spaß am Fußball, das sieht man auch an seiner Ausrichtung mit offensivem Fußball. Da bekommt man mal ein paar Gegentore, aber das ist seine Philosophie, guten Fußball zu spielen.

    Bei Deinen Wünschen ist von mehr Zeit für die Familie die Rede, da es als Fußballer nicht so die Wochenenden gibt. Ist Deine Familie hier?

    Meine Frau und die Kinder sind immer mit dabei und das wird auch in Zukunft immer so sein. Meine Frau habe ich kennen gelernt, als ich noch kein Profifußballer war und von daher war es nie eine Frage, dass wir nicht zusammen wohin gehen.

    Das relativiert also den Wunsch?

    In unserem Beruf können wir froh sein, soviel Zeit für die Familie zu haben. Ich sehe meine Kinder aufwachsen, während ein normaler Arbeitnehmer um 8 Uhr anfängt zu arbeiten und um 18 Uhr nach Hause kommt, die sehen die Kinder weniger als wir. Wir haben teilweise einmal am Tag Training und daher Zeit, die Kinder aufwachsen zu sehen. Ich bin sehr dankbar, dass ich gesund bin und diesen Beruf ausüben darf.

    Du hast nach eigener Aussage auch viel Sinn für Humor, wie äußert sich das, magst Du Witze?

    Ich bin halt Ostfriese und wenn man Otto kennt, der aus Emden kommt, das ist ja ganz bei mir in der Nähe. Ich bin halt ein positiv eingestellter Mensch, kann über alles lachen und mache gern Späße.

    Bei weiteren Wünschen schreibst Du Weltfrieden und keine Hungersarmut. In dem Zusammenhang die Frage, was denkst Du über die Summen, die im Fußball fließen?

    Das ist klar, dass insgesamt Summen fließen, die nicht unmenschlich sind, aber das Normale überragen. Da will ich auch niemanden in Schutz nehmen, wenn einer rum heult, er verdient mehr oder weniger. Wenn man aber in Deutschland die Situation sieht, ein Fußballer spielt 10 bis 15 Jahre, verdient ganz gutes Geld und muss danach wieder in den Beruf rein. Soviel zu verdienen, dass man davon leben kann, können die wenigsten. Man muss überlegen, wenn man über 40 Jahre durchschnittlich 2000 Euro brutto verdient, kommt man fast auf das Gleiche wie ein Fußballer, der 10 Jahre gutes Geld verdient hat. Im Vergleich sind die Gehälter unnormal, aber wenn man es umrechnet, hat man über die Jahre nicht mehr verdient als ein normaler Arbeitnehmer.

    Sollte man meinen, manche Fußballer müssten sich nicht mehr reinhängen dafür?

    Die Gehälter richten sich auch immer nach den Erfolgen, Ergebnissen und Leistungen. Ein Fußballer, der nicht seine hundert Prozent bringt, kommt gar nicht erst in die Regionen.

    Du gibst Sekundar II als Schulabschluss an, möchtest Du nach der Karriere dem Sport erhalten bleiben?

    Ich habe den erweiterten Realschulabschluss gemacht und anschließend eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Ich könnte es mir vorstellen, irgendwo in der Pflege zu arbeiten, weiß es aber nicht genau, momentan konzentriere ich mich noch auf Beruf und Familie und man muss schauen, wie es sich die nächsten Jahre entwickelt.

    Was sind Hobbys von Dir?

    Hauptsächlich die Familie. Mit der Familie schwimmen gehen, mit Freunden einen Grillabend machen, auf Tour gehen muss auch mal sein. Die Familie ist weiter weg, aber man kommt immer mal zusammen, es gibt keinen Grund oder Kilometerzahlen, die das nicht ermöglichen, sich mal zu sehen. Man sieht sich alle paar Wochen oder Monate, meine Eltern kommen auch öfter mal zu den Spielen.

    Vielen Dank Frank und alles Gute in Sandhausen.

    Das Gespräch führte Alexander Münch

    Zur Tabelle der dritten Liga

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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