Die-Fans.de

Stadien, Fans und Leidenschaft - Regionaler Fußball pur

Du bist hier:  Nordost | Startseite » Aktuell » Artikel
Erlebnis Fußball 89 – 192 vollfarbige Seiten mit den Themen aus den Fankurven
u.a. mit Investoren und Protest, Kurvenlieder und ihre Geschichten sowie 50 Jahre Ultras Viola
  • Quedlinburger SV 04, 08. Juli 2008

     

    „Wir gehen sehr respektvoll miteinander um, so wie man es sich wünscht“


    Von:  Stephan R.T.

    Seit 2003 leitet Schiedsrichterlehrwart Uwe Biermann, alias ‚Uwius’, Spiele in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt. Im Mai 2005 entschied sich das Mitglied des Quedlinburger SV dann dazu, sich in unserem Forum zu registrieren. Der 31-jährige Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ist seither für seine ehrlichen Ansichten und die täglichen Regelfragen in unserem Schiedsrichter-Forum bekannt. Wie Biermann darauf kam, Schiedsrichter zu werden und was er bisher auf den Spielfeldern der Region erlebte, kann im Folgenden nachgelesen werden.

    Uwe, wie ist Deine Leidenschaft für den Fußball entstanden und wer hat Dich eigentlich zum Fußball gebracht?

    Schon ab dem Vorschulkindalter bin ich samstags mit meinem Vater, der damals wie auch noch heute Mannschaftsleiter der ‚Ersten’ meines Vereines Quedlinburger SV ist, mit viel Freude nahezu bei jedem Spiel von (damals) Motor Quedlinburg dabei gewesen.

    Welchen Stellenwert hat der Fußball in Deinem Leben eingenommen?

    Einen sehr, sehr großen. Der Fußball ist neben meiner Familie und meinem Beruf der dritte Lebensschwerpunkt geworden und wird es wohl auch bleiben.

    Wieso hast Du Dich dann speziell für das Schiedsrichterwesen entschieden, gab es einen bestimmten Anlass oder eine bestimmte Persönlichkeit?

    Als 13-Jähriger hielt ich mich – wie so oft – an einem Sonntagvormittag auf dem Quedlinburger Sportplatz auf. Da für das an diesem Tage stattfindende E-Jugendspiel kein Schiedsrichter anwesend war, drückte man mir Ball und Pfeife in die Hand und man fragte mich: „Traust du dir das zu?“ Ehe ich wusste, wie mir geschah, stand ich plötzlich auf dem Platz und leitete so mein erstes Spiel. Ich fand großen Gefallen daran, so dass ich mich zur nächsten Schiedsrichterschulung anmeldete. So nahmen die Dinge dann ihren Lauf …

    Was fasziniert Dich an der Leitung des Spiels?

    Die Gewissheit, etwas für ‚unseren’ Fußball zu tun und die Verantwortung, die man mit der Spielleitung übernimmt. Weiterhin finde ich auch diese gewisse Anspannung vor jedem Spiel, die gegenseitige Achtung zwischen Spieler und Schiedsrichter während des Spiels und auch die Auswertung nach dem Spiel mit meinen Kameraden bei einem Glas Saft (lacht) einfach toll.

    In welchem Bereich bist Du tätig und wie zufrieden bist Du dort mit der Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Vereinen?

    Ich leite seit 2003 Spiele der Verbandsliga Sachsen-Anhalt. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen ist ohne Einschränkung gut. Auch mit großer Mühe kann ich mich an kein Negativerlebnis erinnern. Das Zusammenwirken zwischen Schiedsrichtern, Spielausschuss und Sportgericht hat sich in den letzten Jahren stark gebessert. Die ‚Beziehung’ wird auf den jährlichen Winterlehrgängen in der Sportschule Osterburg bei gemeinsamen Aussprachen und Diskussionen gepflegt. Weiterhin bin ich mit viel Freude seit acht Jahren Schiedsrichter-Lehrwart im Kreis Quedlinburg (jetzt Harzkreis).


    Uwe Biermann (rechts) mit Markus Merk (zweiter von links) und zwei Schiedsrichter-Kollegen.

    Egal wie schlecht eine Mannschaft gespielt hat, schuld an der Niederlage ist am Ende zumeist der Schiri. Wie gehst Du mit den Reaktionen in Vereinsheimen oder auch Internetforen um?

    Das kann ich so nicht bestätigen. Jedenfalls nicht in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt – auch nicht in der Landesliga (zweithöchste Spielklasse im Land). Wir – die Vereine und Schiedsrichter – gehen sehr respektvoll miteinander um, so wie man es sich wünscht. Ich kann selbstverständlich nur meine Erfahrungen hier weitergeben, aber den Gesprächen mit meinen Schiedsrichter-Kameraden ist zu entnehmen, dass dies auch generell so ist. Na klar gibt es nach Spielen mit knappem Ausgang die eine oder andere Diskussion mit Trainern oder Funktionären über bestimmte Spielsituationen – aber stets in sachlichem Rahmen. Auf der Tribüne mag das möglicherweise anders sein. Naturgemäß sehen manche Zuschauer und Fans jede unserer Entscheidung aus der Vereinsbrille heraus und ‚poltern’ erst einmal los. Das soll – bis zu einem gewissen Maß – aber auch gern so sein, das gehört dazu. Wenn ich (sachlich) kritisiert werde, stelle ich mich grundsätzlich der Kritik und stehe auch zu meinen Fehlern, die ich gemacht habe – auch im Forum. Warum soll ich denn, wenn ich selber weiß, dass ich nicht meinen besten Tag hatte, dies nicht zugeben? Ich finde, eine Weiterentwicklung kann nur stattfinden, wenn man sich mit seinen eigenen Fehlern auseinandersetzt und aus diesen lernt.

    Wie empfindest Du den Umgang der Medien mit Schiedsrichterleistungen im Allgemeinen, wenn z.B. mit Superzeitlupen und Hilfslinien Fehler des Schirigespanns aufgedeckt werden?

    Grundsätzlich soll es ja so sein – sonst gäbe es schließlich an vielen Stammtischen ein beliebtes Thema weniger –, dass entscheidende Szenen, insbesondere Abseitssituationen, nochmals gezeigt und diskutiert werden – aber doch bitte mit fachlich korrekten Aussagen und Analysen der Reporter. Was hier oftmals gehört werden muss, zeugt leider von teilweise starker Unkenntnis des Regelwerks und seiner Auslegung. Das schlimme daran ist, dass der Großteil der Zuschauer am Bildschirm glaubt, was der Reporter zum Besten gibt, wobei das manchmal ganz großer Quatsch ist. Ich würde stark dafür plädieren, dass die Fernsehreporter ihre Regelkenntnisse regelmäßig unter Beweis stellen müssen, um weiterhin vor Millionenpublikum kommentieren zu dürfen. Für die Aus- und Weiterbildung von Schiedsrichtern sind die Fernsehbilder natürlich Gold wert, da aus Fehlern, die zu sehen sind, gelernt werden kann und muss.

    Einige Deiner Kollegen hatten bereits handfeste Auseinandersetzungen mit Spielern und Fans. Wie sind Deine Erfahrungen und hat sich der Umgang mit den Schiris in den letzten Jahren verändert?

    Gerade aus unteren Ligen ist von solchen Auseinandersetzungen leider hin und wieder zu hören. Derbe Beleidigungen und sogar Bedrohungen führen auch schon einmal dazu, dass Schiedsrichter ihre Laufbahn beenden. Leider werden auch bei Spielen jüngerer Altersklassen junge Schiedsrichterkameraden, die gerade ihre Prüfung bestanden haben und dort ihre ersten ‚Gehversuche’ machen, viel zu oft von ‚draußen’ beschimpft, sodass manche schon nach wenigen Spielen sagen, „Nee, so was tue ich mir nicht an“. Hier muss gerade von vielen Trainern und Eltern mehr Verantwortungsbewusstsein verlangt werden.

    In den letzten Jahren kam im Fußball immer wieder das Thema ‚Gewalt und Rassismus’ auf. Wie sind Deine Erfahrungen?

    Es ist traurig, dass einfach zu viele Personen unseren Fußball als Ablassventil für Aggressionen – welchen Ursprungs auch immer – missbrauchen. Mein unschönstes Erlebnis in dieser Hinsicht war bisher das Verbandsligaspiel 1. FC Magdeburg U23 – Hallescher FC U23 in diesem Frühjahr, als ein kompletter Block (ca. 200 Personen) durch die Polizei geräumt werden musste, nachdem Rauchbomben gezündet und Raketen auf das Spielfeld geschossen worden waren.

    Was sind positive Ereignisse, an die Du Dich immer wieder gern erinnerst und warum?

    Immer wieder gern werde ich mich an meinen Aufstieg in die Verbandsliga Sachsen-Anhalt im Jahre 2003 erinnern. Ich hätte nach meinen beiden Kreuzbandrissen im linken Knie fast nicht mehr daran geglaubt, den Aufstieg zu schaffen. Es gibt auch im Weiteren eine Menge schöner Ereignisse, an die ich mich gern zurückerinnere, zum Beispiel das erste Spiel in der Amateuroberliga als Assistent beim VfB Leipzig vor 2.500 Zuschauern, die Freundschaftsspiele der Bundesligisten Mönchengladbach (1998) und Energie Cottbus (2005) in Quedlinburg und Hertha BSC (2004) in Halberstadt als Assistent.

    Hast Du eigentlich selbst aktiv Fußball gespielt oder spielst Du immer noch und wenn ja, wie erfolgreich warst/bist Du?

    Ab dem achten Lebensjahr habe ich selbst auch die Schuhe geschnürt. Bis zur C-Jugend (damals hieß diese Altersklasse noch ‚Schüler’) spielte ich dann aktiv in der Bezirksliga Halle. Danach startete ich meine Laufbahn als Schiedsrichter.

    Hast Du einen bestimmten Verein, für den Dein Herz schlägt?

    Naturgemäß hängt mir mein Heimatverein, der Quedlinburger SV, am Herzen.

    Welches sind Deine Wünsche für die kommenden Jahre. Gibt es Dinge im Fußball, die Du unbedingt noch erreichen möchtest?

    Mit der Verbandsliga Sachsen-Anhalt habe ich nach den Verletzungen und meinem fortgeschrittenen Alter (31) das Maximale erreicht. Ich wünsche mir, noch viele weitere Jahre in der Liga Spiele zu leiten und in der Amateuroberliga als Assistent zu fungieren. Als Lehrwart des Harzkreises wünsche ich mir, dass eines Tages ein Schiedsrichter im Profifußball ‚landet’, der bei mir das ‚ABC’ der Fußballregeln erlernt hat.

    Zum Schiedsrichter-Forum
    Melde Dich noch heute auf unserer Seite an und diskutiere mit!!

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

Kommentare

    Kommentar schreiben

     

    Copyright 2007  Die Fans Media GmbH

    Diese Website nutzt Cookies. Durch die Nutzung unserer Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Mehr Infos: Hier erfahrt ihr alles zum Datenschutz.