1. FC Union Berlin, 01. August 2010
Zwei Wochen vor dem Pflichtspielauftakt, der von der Polizei zum Freundschaftsspiel herabqualifizierten Pokalbegegnung gegen den HFC, hat der 1. FC Union Berlin seine beiden ersten Testspiele gegen hochklassige Gegner absolviert. Nach Tests gegen Chemnitz (1:1), den Köpenicker SC (4:1) und Wolfsburg II (2:2) gastierten am 25.07. der ehemalige spanische Meister Deportivo La Coruna an der Alten Försterei, und am gestrigen 31.07. begrüßte man den aktuellen englischen Zweitligisten FC Middlesbrough. Das Spiel gegen die Spanier endete 3:3, nachdem Union bis zur 68. Minute 0:3 zurück gelegen hatte. Traumtore (sic) von Brunnemann (69.), Mattuschka (85., dir. FS) und Neuzugang Kolk (90.) drehten ein Spiel, das die Gäste ohne Mühe aus der Hand gegeben hatten.
Ähnlich läßt sich das Geschehen gegen Boro zusammenfassen, nur diesmal exakt andersherum. Union führte schnell durch Treffer von Ede (4., Kopfball) und Brunnemann (34.) mit 2:0, bei beiden Gegentreffern merkte man dem relativ finanzsstarken Gast (Neuzugang Kris Boyd von den Rangers ist immerhin aktueller schottischer Nationalspieler) noch nicht unbedingt an, dass er schon am nächsten Wochenende in den Pflichtspielbetrieb einsteigen würde. Marcel Höttecke, Neuzugang im Tor aus Dortmund, gab jedoch kurz vor Ende zweimal seine Bewerbung um den Job als Publikumsliebling ab und unterstützte den Australier Scott MacDonald einmal sehr und einmal etwas weniger bei dessen beiden Toren zum 2:2. In der zweiten Halbzeit passierte dann nicht mehr allzuviel, und abwohl sich das Ergebnis nicht schlecht liest, ist es ärgerlich, weil man diesen Gegner locker hätte schlagen müssen.
Was bleibt als (personelles) Zwischenfazit der Vorbereitung?
Die Neuzugänge sind Stand heute als gute Griffe zu bewerten, zum einen heben sie das fußballerische Niveau, zum anderen passen sie anscheinend gut in die Mannschaft. Die Stürmer, allen voran derzeit Benyamina und Savran, spielen keine prominente Rolle, da das System mit einem meist flachen 4-2-3-1 die Spitzen dazu zwingt, quasi im Mittelfeld herumzulungern. Insbesondere in der ersten Hälfte gegen Boro klappte dies aber ausgezeichnet, als der eigentlich offensive Mattuschka im defensiven Mittelfeld, dazu die offensive Reihe Ede-Kolk-Brunnemann und der Stoßstürmer Benyamina oftmals Übergewicht im Angriff erzeugen konnten. Die rechte Abwehrseite steht nach dem Abgang von Bemben mit der Neuverpflichtung Polenz (Aachen) stabil, Brunnemann hat eine gute Frühform und sollte, wenn er von seinen boligatorischen Verletungen verschont bleibt, eine gute Rolle auf dem rechten Flügel spielen. Christopher Quiring aus dem eigenen Nachwuchs hat auf eben dieser Position in der Vorbereitung allerdings auch bereits einige Ausrufezeichen gesetzt und ist auch im erweiterten Stamm zu finden.
Die Innenverteidigung hat mit dem CL- und Länderspielerfahrenen Ahmed Madouni (Dortmund, Leverkusen) einen umsichtigen und relativ ballsicheren Fixpunkt erhalten, was Stuffs Spielanteile erheblich reduzieren dürfte. Links spielt Kohlmann, für die Dauer von Parensens Knieverletzung ohnehin konkurrenzlos, verlässlich und links offensiv streiten sich Sahin und Ede, letzterer sollte wegen seiner Dynamik die Nase vorn haben.
Noch ein Wort zum "Königstransfer" Santi Kolk. Seit Kostadin Vidolov (2001-12/2003) ward ein solch technisch begnadeter Fussballer nicht mehr im Uniontrikot gesehen. Ballbehandlung, Überblick, Tempo, Schuss - das hat er alles. Was er jedoch auch hat, ist die typische Körperspannung eines "klassischen 10ers". If you know what I mean. Vermutlich wird er 10 Tore spektakulär vorbereiten und ähnlich viele elegant schießen, aber im vermeintlichen Abstiegskampf hat sein bisher angedeutetes Prinzessinnengehabe auch Potenzial, viel Unmut auf sich zu ziehen. Dennoch: am Ball ist der Mann eine Augenweide.
Bislang scheint der 1. FC Union Berlin ausreichend gut aufgestellt für die bevorstehende schwere Zweitligasaison. Der Kader ist, angesichts der vernünftigen Geldausgabepolitik, recht tief und ausgeglichen besetzt. Die Verteidigung steht, das Mittelfeld hat mit Mattuschka (Standards) und Kolk mehr spielerische Klasse und mit einem gesunden Brunnemann und Ede mehr Dynamik als letztes Jahr, lediglich die Situation im Sturm ist derzeit etwas unübersichtlich. Die nächsten Anhaltspunkte für den interessierten Unionbeobachter gibt es am Mittwoch im Test bei Sachsen Leipzig, bevor dann am 7.8. Borussia Mönchengladbach als letzter Härtetest an die Försterei reisen wird. Und dann ist ja auch schon fast der 15.8. und wir fassen uns alle an den Händen, sagen "OMMMMMMMM" und fahren frohgemuts zum Polizeifasching nach Sachsen.
Geschrieben von: Jacksack
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