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Festschrift – 25 Jahre Tornados Rapid
352 Seiten voller Leidenschaft über die Fanszene des SK Rapid Wien.
  • SV Werder Bremen, 05. November 2007

     

    Stellungnahme nach dem Spiel auf Schalke


    Von:  Systema

    Rund um das Fußball-Bundesligaspiel des SV Werder Bremen am 27. Oktober in Gelsenkirchen kam es zu brutalen Rechtsverletzungen der Polizei. Darauf reagierten die zwei Ultragruppen Infamous Youth und Racaille Verte jetzt mit einer ausführlich Stellungnahme zu den Geschehnissen.

    <i>Stellungnahme Infamous Youth und Racaille Verte

    Im folgenden soll auf die Vorkommnisse im Rahmen des Auswärtsspiels in Gelsenkirchen am 27.10.2007 eingegangen werden:

    Die aktive Bremer Fanszene reiste an diesem Tag überwiegend per Zug an. Einer kleinen Anzahl von Mitreisenden war es im Vorfeld aus verschiedenen Gründen nicht möglich, eine Eintrittskarte für das Spiel zu erwerben. Um Zeit mit ihren Freunden verbringen zu können, nahmen sie trotzdem an der Fahrt teil. Diese Vorgehensweise wird regelmäßig praktiziert und ist die natürliche Konsequenz der zwischenmenschlichen Verbundenheit untereinander. Da sich auf der Zugfahrt nicht ausreichende Möglichkeiten ergaben, Eintrittskarten zu erwerben, blieb eine Gruppe von acht Personen übrig, die gezwungen war, das Spiel außerhalb des Stadions zu verfolgen.

    In Gelsenkirchen angekommen, ließ es die rigide Polizeitaktik nicht zu, sich ein Lokal in der Innenstadt zu suchen. Vielmehr wurde die besagte Personengruppe genötigt, mit dem restlichen Bremer Anhang in bereitgestellte Busse zu steigen, die bis vor den Gästeblock fuhren. Dort angekommen, wurde eine Zeit lang im Eingangsbereich der Kurve verweilt, bis sich die achtköpfige Gruppe auf die Suche nach einer Lokalität machte, die das Spiel übertrug. Kurz vor Verlassen des direkten Stadionumfeldes wurden sie allerdings von der Polizei gestoppt. Ohne die Angabe jeglicher Gründe für dieses Vorgehen mussten die Personalien abgegeben werden. Nach langem Warten wurde ihnen mitgeteilt, sie seien ‚gewaltsuchend’ und würden deswegen in Gewahrsam genommen. Die später von Seiten der Polizei übermittelte Begründung für dieses Vorgehen lautete, es sei eine ‚Gefahrenprognose erstellt’ worden, die eine ‚Zwangsmaßnahme dieser Art’ rechtfertigen würde.

    Dieses Ergebnis ist zunächst deswegen verwunderlich, da die betroffene Personengruppe u.a. anbot, die Zeit des Spiels direkt vor dem Gästeblock zu verbringen und sich damit der Beobachtung der dort verweilenden Polizeieinheiten auszusetzen. Auch die Erklärung, dass es aufgrund der polizeilichen Vorgehensweise am Bahnhof keine andere Möglichkeit gab, als sich in Stadionnähe zu begeben, wurde nicht akzeptiert. Zudem wirkt die Rechtfertigung für die Gefangennahme äußerst konstruiert. Ein massiver Eingriff dieser Art sollte auf handfesten Hinweisen beruhen, statt auf der bloßen Vermutung, es könnte eine Gefahr von einer Personengruppe ausgehen. Dies suggeriert, dass extrem subjektive Deutungen der jeweiligen Beamten ausreichen, um einen Freiheitsentzug durchzusetzen, der bei objektiver Betrachtung eindeutig willkürlich erscheint. Zudem sehen wir die Maßnahme der Polizei als weitere Einschränkung unserer Art und Weise, den Spieltag zu gestalten. Die gemeinschaftliche Anreise stellt dabei eine grundlegende Priorität für jede/n von uns dar, egal ob eine Karte ergattert werden konnte oder ob wegen eines Verbotes der Zutritt zum Stadion verwehrt bleibt.

    Nachdem die Gefangennahme der sich außerhalb des Stadion befindlichen Personen im Stadion bekannt wurde, verliess zunächst Infamous Youth geschlossen das Stadion, da es sich bei den Festgenommenen um Mitglieder ihrer Gruppe bzw. um Personen ihres Umfelds handelte. Racaille Verte folgte wenig später. Die Unterstützung des Vereins war uns durch die Umstände, in denen sich unsere Freunde befanden, nicht möglich. Weiteren Personen der Ultraszene wurde wenig später das Verlassen des Stadions auf polizeiliche Anordnung verboten. So konnten die Gruppen The Wanderers, UTB und Relic Upstarts erst in der 60. Minute und nach vehementem Protest von ihrem Recht auf Bewegungsfreiheit Gebrauch machen.

    Auf dem Stadionvorplatz teilten wir der Polizei auf sachliche Art und Weise mit, dass wir, sobald unsere Freunde wieder frei seien, die Heimfahrt antreten würden. Diese Forderung wurde ausgeschlagen. Stattdessen wurden wir in einen Bus gedrängt, der uns im Stile eines Gefangenentransportes mit Sirenen und Blaulicht zum Hauptbahnhof brachte. Dort angekommen wurden wir von einer äußerst aggressiven Polizei-Einheit aus Baden-Württemberg in Empfang genommen, die uns direkt in den Zug nach Münster zwang. Als wir beim Umstieg in Münster auf die uns folgenden anderen Gruppen und die Freigelassenen warten wollten, kam es zu ersten Übergriffen seitens der Polizei. Mit gezogenem Schlagstock wurden wir auf das Gleis und in den Zug gedrängt. Einzelpersonen wurden brutal zu Boden gerissen und es kam zu Sachbeschädigungen an Kleidungsstücken.

    In Osnabrück schafften es alle Beteiligten, sich friedlich von den Ordnungshütern zu entfernen und so wurde erfolgreich auf unsere Freunde gewartet. Der bis dahin katastrophal verlaufene Tag schien wenigstens ein einigermaßen positives Ende zu nehmen. Zudem trafen die Essener in Osnabrück ein, die sich auf der Rückreise von ihrem Spiel in Hamburg befanden. Es wurden die üblichen ‚Werder und der RWE’-Gesänge angestimmt, zuvor war von uns noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass beide Vereine eine Freundschaft pflegen.

    Doch die Polizei war offensichtlich an keiner Deeskalation bzw. dem gemeinsamen friedlichen Feiern beider Fangruppen interessiert. Mit äußerster Brutalität wurde auf beide Fangruppen, die natürlich versuchten, in Kontakt miteinander zu kommen, eingeprügelt. Es kam zum Einsatz von Pfefferspray, Einzelpersonen wurden gezielt angegriffen und teilweise am Boden liegend verprügelt. Sogar gezielte Schläge auf Kopfhöhe wurden ausgeteilt, glücklicherweise trafen diese nicht ihr Ziel. Selbst einige Polizeibeamte schienen von dem Kontrollverlust ihrer Kollegen schockiert zu sein und versuchten, diese an weiteren Gewaltausbrüchen zu hindern. Anzeigenaufnahmen und die Herausgabe der Dienstnummern wurden pauschal verweigert.

    Schockiert von dem Exzess der staatlich legitimierten Schlägertruppe und der absoluten Hilflosigkeit ihr gegenüber, wurde sich in den Zug gerettet. Einige waren durch Prellungen und Blutergüsse verletzt worden oder litten unter Schleimhautreizungen wegen des Pfeffersprays.

    Die Polizei schien leider immer noch nicht genug gehabt zu haben, denn bei der Ankunft in Bremen kam es zur nächsten Eskalation. Als sich im Bahnhof aufhaltende Nazis eine Personengruppe von uns mit ‚ihr scheiß Zecken-Fotzen!’ ansprach und darauf reagiert wurde, prügelte die behelmte Polizei erneut auf alles ein, was sich nicht schnell genug retten konnte.

    Erneut wurde die Herausgabe von Dienstnummern mit der Androhung von nächtlicher Gewahrsamnahme verweigert. Ca. zehn Personen wurden in Folge dieses Geschehens in Gewahrsam genommen, teilweise bis neun Uhr des Folgetags. Auch hier kam es zu Beleidigungen und tätliche Übergriffen auf die Festgenommenen.

    Uns zeigen die Vorkommnisse dieses Tages erneut, dass die Kriminalisierung aktiver Fans ein unvorstellbares Maß angenommen hat. Rechtsstaatliche Grundprinzipien werden am Spieltag ausgeblendet. Die eingesetzte Polizei verfügt nicht über die geistigen Kapazitäten, um Situationen einschätzen zu können und deeskalierend zu wirken oder schaltet diese bewusst ab. Es besteht ein eindeutiges Interesse an gewaltsamen Handlungen, für die der minimalste vermeintliche Auslöser genutzt wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass bis heute kein Polizeibericht über den Einsatz aufgetaucht ist, während es bei unerheblichsten Vorfällen in Fußballzusammenhang umgehend zu einer Thematisierung kommt.

    Infamous Youth
    Racaille Verte

    Inzwischen solidarisierten sich die befreundeten Essener mit dem Transparent ‚Stoppt den Bullenterror’.</i>

    yeti

    Geschrieben von:  Systema

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