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Festschrift – 25 Jahre Tornados Rapid
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  • Altonaer FC von 1893, 24. Januar 2008

    „Altona bleibt Altona, egal welche Liga – Das Problem ist die Perspektive!“


    Von:  Anne80

    Viel wurde über die Abschaffung der Oberliga Nord diskutiert. Am Beispiel des Oberligisten Altona 93 scheinen sich alle Nachteile dieser Entscheidung herauszukristallisieren. Der Verein hätte sportlich gesehen gute Chancen in die Regionalliga aufzusteigen. An einen Aufstieg sind aber bestimmte Auflagen geknüpft, die der Verein finanziell nicht bewältigen kann. Der Club hat daraufhin beschlossen, die Lizenz für die Regionalliga nicht zu beantragen. Die Konsequenz ist, dass ein Verein, der vom sportlichen Leistungsniveau in der Regionalklasse spielen könnte, nun mit der Hamburg-Liga vorlieb nehmen muss, falls sich nicht noch ein zahlungskräftiger Sponsor findet, der das Projekt Regionalliga finanziert.

    Im Interview mit die fans.de spricht Manager und Liga-Obmann Jörg Franke darüber, warum der Vereinsvorstand auf die Regionalligalizenz verzichtet hat, über die Reaktion der Spieler, über die Besetzung in der nächsten Saison, die Vor- und Nachteile der Hamburg-Liga sowie über die Vereinstreue der Altona-Fans.

    Herr Franke, können Sie noch mal kurz erklären, wie es dazu kam, dass der Verein von vornherein freiwillig auf die Lizenz für die Regionalliga verzichtet hat?

    Freiwillig verzichtet, das hört sich immer so negativ an. Es ist ja so, dass der geschäftsführende Vorstand das entscheiden muss. Er fällt seine Entscheidungen eigenständig und hat das so, aus den verschiedensten Gründen getan. In erster Linie waren das natürlich wirtschaftliche Gründe. Es fallen Kosten an, um das Stadion übergangsweise umzubauen, für den Bau eines neuen Stadions, für den Etat in der Regionalliga. Auch der Personaletat für die Regionalliga nimmt zu, durch einen hauptamtlichen Geschäftsführer beispielsweise und, und, und…

    Das sind einfach Kosten, die sich der Geschäftsvorstand nicht machen will, weil sie ja dann auch in der Verantwortung sind. Das wäre ja dann sozusagen eine Finanzierung aus dem eigenen Kapital. Der zweite Vorsitzende des Vereins, der Herr Schlegel, ist beispielsweise kein Fußballer. Der sagt: „Warum soll ich für die Fußballliga mit meinem privaten, persönlichen Vermögen bürgen?“ Das ist ja verständlich, völlig legitim und in Ordnung. Wenn wir als Ligabeauftragte dann die Karre in die Grütze fahren, dann sind wir verantwortlich. Dieser Verantwortung will und kann er sich gar nicht stellen. Das finde ich sehr legitim. Wir, als sportliche Leiter, sind natürlich mega-enttäuscht darüber, völlig klar, weil wir sehr gute Männer zusammengestellt und sehr guten Fußball gespielt haben und auch dahin wollten. Das war unser ganzes Anstreben. Natürlich war im Hinterkopf immer diese Geschichte. Kriegen wir das hin, kriegen wir das nicht hin?

    Wir waren eigentlich guter Dinge, bis Anfang Dezember so langsam durchklang, dass keine weiteren Sponsoren hinzukommen werden. Barthel ist ganz alleine und kann jetzt natürlich nicht verdoppeln. Das geht gar nicht, das ist gar nicht in seinem machbaren Bereich. Wir können zwar eine Summe dazu packen, aber unmöglich alles alleine bewerkstelligen. Das funktioniert so einfach nicht. Es haben sich keine weiteren Großsponsoren aufgetan, insofern sahen sie sich nicht in der Lage, diese Aufgabe zu bewerkstelligen. So bitter wie das ist, wir sind dafür nicht gut genug aufgestellt. Wir brauchen ein komplettes kleines Stadion. Dann wäre das schon eine ganz andere Geschichte, aber soweit sind wir noch nicht.

    Wie war die Reaktion der Spieler?

    Der Trainer und ich haben die Spieler eingeladen. Am Mittwoch (Anm.d.Red.: 9. Januar 2008) war die Sitzung des geschäftsführenden Vorstandes, Donnerstag wurden der Trainer und ich zum Verein gerufen. Dann haben wir zweieinhalb Stunden über die ganze Geschichte diskutiert, versucht, eventuell noch was zu retten. Später ging es darum, wie wir das jetzt gegenüber der Presse, den Spielern und den Fans umsetzen wollen.

    Wir sind dann zu dem Konsens gekommen, dass die Spieler definitiv sofort Bescheid wissen müssen und danach erst die Pressemeldung rausgeht. Ich habe die Spieler alle angerufen, beziehungsweise SMSen geschickt. Darin habe ich geschrieben: „Bitte sofort alle zum Verein kommen“. Als sie dann alle da waren, habe ich versucht, es entsprechend zu verkaufen, soweit es noch zu verkaufen war. Natürlich war die Stimmung so, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die waren deprimiert, fassungslos, ruhig, enttäuscht, wütend. Es war alles dabei, was man so an Emotionen haben kann. Es ist uns allen nicht leicht gefallen, das umzusetzen. Aber da sieht man den Charakter der Mannschaft, dass sie das super mittragen, super mitziehen im Training, Gas geben, alles geben wollen und auch dem Verein treu bleiben wollen. Das ist einfach ein sehr, sehr gutes Zeichen.

    Mit welcher Mannschaft werden Sie dann nächste Saison auflaufen?

    Wir wollen natürlich versuchen, möglichst viele Spieler zu halten. Das ist ganz klar. Wir möchten ja auch in der Verbandsliga, wenn es dazu kommen sollte, eine ordentliche Rolle spielen. Wir wollen ja nicht um Platz zehn mitspielen. Altonas Anspruch war schon immer, oben mitzuspielen. Aber jetzt liegt alles daran, dass der Etat für die Verbandsliga zusammengestellt werden muss. Wenn dieser Etat steht, dann legen der Trainer und ich los und reden mit unseren Spielern, die wir halten können. Wir werden natürlich sehr, sehr viele Abstriche machen, das ist ja klar und dann werden Neue hinzukommen. Es werden sicher A-Jugendspieler hochgenommen werden, die werden wir uns auch demnächst angucken. Wir werden zusammen mit der A-Jugend am 5. Februar 2008 ein Spielchen machen. Da werden wir uns dann einige Kandidaten angucken. Wir laufen immer parallel jetzt, also mit der Verbandsliga oder doch noch Regionalliga.

    Sie und der Trainer, Herr Fröhling, werden also nächste Saison, unabhängig von der Liga, weitermachen?

    Selbstverständlich. Der Trainer hat so wie so einen Vertrag über die Saison hinaus. Mein Vertrag läuft zwar aus, aber ich bin auf alle Fälle gewillt, weiter zu machen. Das ist mein Verein und ich bin jetzt schon seit drei Jahren hier. Es wäre zu schade wegzugehen, denn es ist nach wie vor ein guter Verein. Das Stadion wird umgebaut und wir haben eine sehr gute Jugendarbeit, also warum sollte ich den Verein verlassen? Da müsste schon ein Erstliga-Angebot von oben kommen… (lacht)

    Nein, aber das Ziel und der Wille ist, auf alle Fälle weiterzumachen, definitiv. Wir lassen den Verein nicht fallen, nur weil jetzt die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht da sind. Das machen wir nicht. Wir wollen eigentlich nur, wenn es dann so kommt, dass wir auch in der Verbandsliga eine entscheidende vernünftige Rolle spielen. Also wir wollen, wie gesagt, nicht um Platz zehn spielen. So einen geringen Anspruch wird der Trainer, und mit Sicherheit auch die Mannschaft, nicht haben. Es wird sich jetzt in den nächsten ein, zwei Wochen entscheiden, wie weit jetzt noch Sponsoren da sind und dann werden wir sagen: „Okay, wir machen das mit der Verbandsliga, dann aber vernünftig.“

    Was denken Sie, wie es für Altona 93 in der Hamburg-Liga wird? Sehen Sie auch positive Aspekte?

    Es wird natürlich viele, viele Derbys geben. Wenn es keiner aus Hamburg schafft, in die Regionalliga aufzusteigen, dann wird es natürlich von den Namen und Mannschaften her eine sehr attraktive und starke Liga. Das sind ja alles ehemalige Oberligisten. Es kommt Concordia, Meiendorf, Victoria und das wird sportlich sicherlich sehr fein werden, das ist ganz klar. Man wird viele Leute treffen, die man Jahre lang nicht mehr gesehen hat, weil man nicht in einer Klasse spielt. Also es ist nicht so, dass wir böse über die Hamburg-Liga sind.

    Das Problem ist nur das der Perspektive. Das heißt, welche Perspektiven können wir unseren jungen Leuten aufbauen und welche Perspektiven gibt es nach oben? Welcher Verein aus Hamburg kann es schaffen, Erster zu werden, allein dafür schon die Grundlagen zu schaffen, und dann auch noch versuchen, aufzusteigen, in die Regionalliga? Das ist das Problem. Das Problem der Perspektive. Die Hamburg-Liga ist natürlich interessant, absolut. Nur man muss auch sehen, dass die Berichterstattung gen Null runter gefahren wird. Das ist auch ein Problem. In der Oberliga ist das noch sehr gut vertreten, aber in der Hamburg-Liga passiert fast gar nichts mehr. Das ist auch nicht schön. All diese Sachen spielen aber am Rande mit. Das sind Probleme, die auch eine tragende Rolle spielen.

    Die Hamburg-Liga ist in Ordnung, da kann ich gut mit leben. Aber für einen jungen Spieler ist das natürlich ein Rückschritt. Das muss man so deutlich sagen. Für junge, talentierte Spieler, die nach oben geguckt haben, für die ist das wirklich ein deutlicher Rückschritt. Der Sprung wird immer größer. Man muss die Aufstiegsrunde überstehen und dann auch noch für die Regionalliga planen. Das ist auch das Problem, dass wir immer wieder bei den Verbandstagungen angemahnt haben, was aber leider nicht erhört wurde.

    Denken Sie, die Fans bleiben dem Verein treu, unabhängig von der Ligazugehörigkeit? Denken Sie, dass durch die verminderte Berichterstattung auch die Zuschauerzahlen weniger werden?

    Das ist eine schwierige Frage. Natürlich sind alle sehr frustriert. Ich lese ja im Forum mit und habe auch viele Telefonate geführt. Es ist natürlich legitim, dass die Leute sehr frustriert sind. Das wird erst einmal eine Zeit dauern, bis wieder Ruhe eingekehrt ist und bis man sich wieder annähert. Die Spieler können ja gar nichts dafür. Die Fans würden ja dann auch die Spieler bestrafen, was eigentlich nicht sein dürfte. Also ich glaube, Altona hat schon immer sein Fanpublikum gehabt. Das davon einige nicht wiederkommen, davon gehe ich aus. Aber wenn man ordentlich spielt und sich mit der Mannschaft identifiziert, dann geht man auch zur Hamburg-Liga. Es hat zwar gedauert, aber zum Schluss war das eine sehr, sehr gute Harmonie zwischen den Fans und Spielern.

    Das wird auch wiederkommen. Davon bin ich überzeugt. Altona ist halt Altona und kein anderer Verein. Wenn wir in der Hamburg-Liga oben mitspielen werden, kommen sicherlich auch wieder ein paar Zuschauer. Nicht so viele, wie wir sie jetzt in der Oberliga haben, das ist klar. Aber ich glaube schon, dass wir zuschauermäßig in der Hamburg-Liga oben liegen werden. Dass wir von den Zuschauern her, auch da die Nummer eins werden, davon bin ich fest überzeugt. Wir haben so viele Fans, deren Herzblut am Verein hängt. Diese Entscheidung, die ist nun mal aus wirtschaftlichen Gründen gefällt worden. Natürlich ist da keiner erfreut drüber. Aber ich glaube, dass es dann auch irgendwann weiter geht. Man muss ja auch an die Jungs denken, das ist für die auch nicht ganz so einfach.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Geschrieben von:  Anne80

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