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  • Berliner AK 07, 24. Juli 2013

     

    „Ich sehe mich als Trainer, der noch ganz viel lernen muss“


    Von:  Stephan R.T.

    Seit diesem Sommer wird die Regionalligamannschaft des Berliner AK 07 von Engin Yanova trainiert. Der 36-Jährige war in den vergangenen sechs Jahren für die A-Jugend und später die zweite Mannschaft des 1. FC Union Berlin zuständig. Zu den Gründen für seinen Wechsel, seine Ziele und den Stand der Vorbereitung auf die Spielzeit 2013/14 stand Yanova nun Rede und Antwort.

    Ihr habt alle Testspiele gewonnen. Wie ist Dein erster Eindruck von der Mannschaft?

    Der erste Eindruck ist, dass alle wollen. Das ist eine gute Basis für eine gesunde Mentalität auf dem Platz. Dass noch nicht alles zusammenläuft, ist normal. Da greifen noch keine Automatismen. Aber jeder Spieler ist bemüht, die taktischen Vorgaben einzusetzen und umzusetzen. Unser Hauptaugenmerk liegt erst mal darauf, ein gutes Konstrukt aufzubauen. Wir sind sehr darauf bedacht gegen den Ball zu arbeiten. Das greift von Spiel zu Spiel besser. Wir machen bei jedem Testspiel einen Schritt nach vorne, aber wir sind noch nicht so weit, wie ich mir das vorstelle.

    Was waren Deine Prioritäten bei den ersten Testspielen, und worauf hast Du Wert gelegt?

    Wir wollten zumindest die Abläufe im Spiel gegen den Ball trainieren. Darauf haben wir uns im mannschaftstaktischen Bereich konzentriert. Die Mannschaft muss sich erst finden. Da hilft jedes Testspiel, um auch Teamgeist zu entwickeln.

    Beim Testspiel gegen den Oberligisten SV Altlüdersdorf hast Du mit Stürmer Ali Avcioglu auch mal türkisch gesprochen. Hilft das?

    Ich bin zweisprachig aufgewachsen. Es ist aber üblich, dass wir auf dem Platz deutsch sprechen. Manchmal hilft es, den einen oder anderen Spieler in einer anderen Sprache zu motivieren. Türkisch ist sehr emotional, leidenschaftlich und bildhafter. Aber das ist nicht die Regel.

    Wenn Du in der Türkei Urlaub machst oder Familie besuchst, entlarvt man Dich da als Deutschen?

    Wenn die Türken hier in Deutschland über Jahrzehnte leben oder, wie ich, hier geboren wurden, dann steckt das Deutsche in einem drin. Man hört den deutschen Akzent einfach raus. Die Frage ist aber eher, wie ich mich als Mensch dort gebe oder anpassen kann. Als Türke muss ich mich in die deutsche Gesellschaft genauso integrieren wie als Deutschtürke in der Türkei. Das ist eine Riesenherausforderung für diejenigen, die im Ausland groß geworden sind aber ihre Heimat noch in den Köpfen haben.

    Wie bist Du denn aufgewachsen? Du bist ein Berliner Junge?

    Ich bin Berliner Junge. Nach sechs Monaten kam ich in die Krippe, Kindergarten durchgemacht, Grundschule, Gymnasium, Abitur, Studium, das ich zunächst mal abgebrochen habe. Aber eigentlich verkörpere ich das Bild einer musterhaften Integration. Das hat mir auch immer sehr geholfen in deutschen Vereinen zu arbeiten und zu spielen.

    Man merkt, dass Du mal eine Uni von Innen gesehen hast. „Von der Heterogenität zur Homogenität“ ist so ein Beispiel für Sprüche, die Du manchmal raushaust.

    (lacht) Ja, oder „interkulturelle Kompetenz“! Ich habe angefangen mit Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften, habe das aber abgebrochen, weil das mit meinem jetzigen Werdegang nicht zu vereinbaren war. Ich studiere aber jetzt berufsbegleitend Psychologie und hoffe, dass ich das abschließen kann.

    Wie ist denn Deine Spielerkarriere verlaufen? Hättest Du auch eine große Karriere als Kicker haben können?

    Naja, ich gehörte auch zu den Talentierten in Berlin damals und habe für Berliner Verhältnisse hochklassig gespielt. Ich hatte eine sehr gute Ausbildung bei sehr guten Trainern, die mich sehr geprägt haben. Da ich sehr interessiert war, habe ich mir die Dinge auch merken können. Kurz vor dem Sprung in eine höhere Laufbahn habe ich mich verletzt. Aber die damalige Oberliga war ja immerhin auch schon die vierthöchste Spielklasse. Dennoch habe ich erkannt, dass der Fußball für mich als Spieler nicht der Nährboden sein konnte. Also habe ich mit dem Studium angefangen.

    Wie lebst Du eigentlich heute? Du bist den ganzen Tag beim Training und am Wochenende unterwegs.

    Ohne meine tolle Frau, die mich immer unterstützt wäre das gar nicht möglich. Was die Erziehung unserer beiden Kinder zum Beispiel betrifft, hält sie mir total den Rücken frei. Als Trainer hat man zwar das Privileg mit seinem Hobby Geld zu verdienen. Aber es gibt auch Schattenseiten. Andere sind samstags und sonntags zuhause und kümmern sich um ihre Kids. Da ist aber meine Hauptarbeitszeit. In der Ferienzeit ist meine Frau mit den Kindern auf Erholungsreise, und ich bin hier mit der Mannschaft. Aber wenn man so eine Frau hat, dann geht das schon.

    Ihr seid schon lange zusammen, oder?

    Ja. Ich habe sie mit 18 kennengelernt und nicht mehr losgelassen.

    So, kommen wir mal auf den Platz. Hast Du ein System, eine Philosophie, der Du folgst?

    Für mich ist als Philosophie die Spielidee wichtig, das System weniger. Das System ist nur Mittel zum Zweck.

    Das sagen Leute wie Pep Guardiola vom FC Bayern ja auch: „Das System ist egal!“

    Ist ja auch richtig. Im modernen Fußball gibt es viele systemunabhängige Dinge. Man kann auch innerhalb des Spiels Systeme wechseln. Wichtig ist, welche Idee man hat und welche Spieler diese Idee auch umsetzen können. Allerdings darf man eine Mannschaft nicht überfordern und muss gucken, dass das alles stimmt.

    Der BAK 07 ist ja nicht gerade im Blickfeld der Öffentlichkeit, obwohl man ja höherklassigen Fußball spielt. Wie funktioniert denn der Verein jenseits des Platzes?

    Mich wundert, dass die Anerkennung in der Öffentlichkeit für die gezeigten Leistungen noch nicht vorhanden ist. Der BAK hat sich, was die Männer betrifft, in der Regionalliga etabliert und tollen, erfolgreichen Fußball gespielt. Der ‚Return on Investment‘ ist aber sehr gering, bezogen auf Zuschauer oder Sponsoren. Aber das habe ich nur als Externer wahrgenommen. In diesem Verein herrscht sehr viel Potenzial, besonders wenn man sich richtig positioniert und die richtige Zielgruppe anspricht. Darauf sollte sich der Verein konzentrieren.

    Welche ist denn die Zielgruppe?

    Unsere Zielgruppe umfasst Menschen, die dieses ‚Multikulti‘ erleben wollen und sagen ‚Vielfalt ist unsere Stärke‘. Und die müssen sich halt mit dem BAK identifizieren können.

    Ihr habt mit Emre Turan von Eintracht Braunschweig und Lennart Hartmann von Babelsberg noch einmal zwei Hochkaräter verpflichtet. Ist Dein Team komplett?

    Ja. Wir haben zwar viele Spieler verloren, gewollt wie auch ungewollt. Aber wir konnten einen gesunden Stamm vom letzten Jahr halten und haben die Mannschaft mit sehr guten Einzelspielern ausgestattet. Mit Marcel Höttecke, Lennart Hartmann, Bilal Cubukcu, Ugurtan Cepni, Kiyan Soltanpour… das sind alle starke Kicker, die höher als Regionalliga gespielt haben. Wir haben an Qualität gewonnen. Aber das reicht alleine nicht. Vielleicht reicht es, um mal ein Spiel zu gewinnen, wenn die Individualität im jeweiligen Moment gefragt ist. Aber wir brauchen Teamgeist. Denn nur wenn die Mannschaft glänzt, kann jeder Einzelne auch glänzen.

    Funktioniert die Koordination mit den unteren Mannschaften in der BAK-Jugend?

    Wir wollen beim BAK Nachwuchsspieler gewinnen und für die erste Mannschaft ausbilden. Wir haben bereits letztes Jahr mit Tunay Deniz einen A-Jugendspieler hochziehen können. Der hat sich leider am Kreuzband verletzt und fällt für längere Zeit aus. Aber die Signale haben wir ganz klar gesendet: Wichtig ist, dass die Bindung zwischen erste Herren und Jugend funktioniert. Da bin ich froh, dass der Präsident Mehmet Ali Han jetzt mit Adnan Akbaba und Ayhan Erusta zwei Fachmänner für diesen Bereich gewinnen konnte. Mit etwas Geduld hat der BAK die Möglichkeit, eigene Spieler für die erste Mannschaft auszubilden.

    Du hast Co-Trainer Özkan Gümüs und Torwarttrainer Philipp Fahrendorff an Deiner Seite. Beide sind schon länger im Verein. Haben die Beiden dir helfen können in Deiner Eingewöhnungszeit?

    Total! Ich bin sehr froh, dass ich die Beiden habe. Gerade mit Özkan verbindet mich schon seit vielen Jahren eine enge Freundschaft. Wir haben damals noch bei Hertha-Zehlendorf zusammen gespielt und uns in den letzten Jahren immer oft getroffen. Obwohl wir im letzten Jahr Liga-Konkurrenten waren, haben wir einen guten Kontakt gepflegt.

    Wie kamst Du denn zu BAK? Als Trainer vom 1. FC Union Berlin II warst Du immerhin Teil einer gewachsenen und professionellen Struktur. Warum setzt Du dich dem Druck aus und trainierst jetzt schon die erste Mannschaft eines Vereins?

    Ich sehe mich als Trainer, der noch ganz viel lernen muss. Auch ich habe meine Ziele und möchte etwas erreichen. Bei Union habe ich als Nobody angefangen. Niemand kannte mich, aber ich hatte das Glück mit Christian Beeck, Jörg Heinrich und Dirk Zingler entscheidende Menschen kennenzulernen. Die haben mich als Trainer der A-Junioren unterstützt. Das habe ich auch mit guter Arbeit zurückgezahlt. Meine sechseinhalb Jahre bei Union waren sehr gut. Ich habe viel gelernt und bedanke mich beim Verein für diese Chance. Ich musste jetzt aber für mich den nächsten Schritt machen und bin froh, dass ich mit dem BAK diese Herausforderung annehmen kann.

    Bitte nimm die Frage nicht übel. Aber was ist Dein Saisonziel?

    Wir werden uns als Mannschaft bestimmt irgendwann für ein Saisonziel entscheiden. Aber in erster Linie zählt für uns zunächst, dass wir Teamgeist entwickeln, uns schnell kennenlernen und gemeinsam einen Antrieb entwickeln. Der BAK sucht sportlichen Erfolg. Wenn sich alle damit identifizieren können, dann sind wir einen Riesenschritt nach vorne gegangen. Wir wollen hier alle an einem Strang ziehen!

    Dabei wünschen wir viel Erfolg und bedanken uns für das Gespräch.

    Sehr gern geschehen.

    Ingo Müller

    Zur Tabelle der Regionalliga Nordost

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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