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  • SV Sietzsch, 22. Juli 2008

     

    „Mit manchen versteht man sich, mit anderen eben nicht“


    Von:  Stephan R.T.

    Im Februar 2006 entschied sich unser User ‚Schiri2006’ dazu, sich auf unserer Seite zu registrieren. Der 48-jährige Familienvater von zwei erwachsenen Kindern gibt seither Kommentare zu Spielen ab, die er gesehen oder gar selbst geleitet hat. Im Folgenden stand uns das Mitglied des SV Sietzsch Rede und Antwort.

    Wie ist Deine Leidenschaft für den Fußball entstanden und wer hat Dich eigentlich zum Fußball gebracht?

    Wahrscheinlich wie bei so vielen Fans hat sich meine Vorliebe für den Fußball schon in der Kindheit entwickelt. Ich bin seit der ersten Klasse begeisterter Fußballer gewesen. Bis zu meinem Eintritt ins Berufsleben habe ich aktiv im Verein Fußball gespielt, dann nur noch als Freizeit- und Hobbyfußballer.

    Welchen Stellenwert hat der Fußball in Deinem Leben eingenommen?

    Der Fußball war und ist bis 1980 und dann seit 1994 ein bedeutender Teil meiner Freizeit. Erst als Spieler, dann als Schiedsrichter und Funktionär. Wobei ich es als Spieler nicht übertrieben habe (einmal die Woche Training und ein Spiel am Wochenende).

    Als Schiedsrichter bin ich wesentlich zeitintensiver involviert, was ich mir so auch nicht hätte vorstellen können. Trotzdem ist der Fußball nicht mein Leben, ich kann der Sportart auch sehr distanziert gegenüberstehen, wenn es notwendig ist. Absolute Priorität in meinem Leben hat er sicher nicht. Da gibt es noch viel zu viele andere interessante Dinge, zum Beispiel Familie, Literatur, Musik (besonders klassische Musik), Reisen und, und, und …

    Wieso hast Du Dich dann speziell für das Schiedsrichterwesen entschieden, gab es einen bestimmten Anlass oder eine bestimmte Persönlichkeit?

    Den Anstoß zu meiner ‚zweiten Fußball-Karriere’ als Schiedsrichter war mein Ärger über Schiedsrichterleistungen, die ich als Spieler erlebt habe, die allerdings zugegebenermaßen auch sehr subjektiv waren. Ich fand die teilweise so miserabel, dass ich mir dachte, das kannst du doch wohl besser. Nach einem eher zufälligen Gespräch mit einem Freund, der selbst Schiedsrichter ist, über dieses Thema, hat mich dieser kurzerhand zu einem Anwärter-Lehrgang angemeldet. Aus rein sportlichem Ehrgeiz habe ich mir dann gesagt, einmal angefangen, musst du das jetzt durchziehen. Die ersten Spiele, die ich geleitet habe, fielen entsprechend aus. Besonders mein zweites Spiel werde ich wohl nie vergessen. Ich bewundere bis heute die Geduld und den Langmut aller Beteiligten.

    Was fasziniert Dich an der Leitung des Spiels?

    Als Faszination würde ich das nicht bezeichnen. Aber es macht eben Spaß, den Regeln Geltung zu verschaffen, ein Teil des Spieles zu sein und sicher auch ein bisschen Selbstbestätigung zu finden. Ansonsten finde ich, dass es durchaus auch einen charakterbildenden Aspekt hat, sich in einem Spiel durchzusetzen, aber auch ständig nach dem Spiel zu hinterfragen: Was war gut und was war schlecht, in welchen Situationen muss ich mich verändern/verbessern, wie bin ich mit den verschiedenen Druck-Situationen umgegangen usw.

    In welchem Bereich bist Du tätig und wie zufrieden bist Du dort mit der Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Vereinen?

    Ich bin im Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) und im KFV Saalekreis unterwegs. Wie überall gibt es auch in unseren Verbänden gute und weniger gute Seiten der Zusammenarbeit. Innerhalb des FSA gibt es eigentlich kaum Probleme – im KFV gibt es eher Möglichkeiten der besseren Zusammenarbeit zwischen Schiedsrichter-Ausschuss, KFV-Präsidium und Vereinen. Aber hier werden durch alle Seiten Anstrengungen unternommen, um das Niveau des Zusammenwirkens zu verbessern. An erster Stelle fällt mir hier die Nachwuchsgewinnung junger Schiedsrichter-Kameraden ein.

    Egal wie schlecht eine Mannschaft gespielt hat, schuld an der Niederlage ist am Ende zumeist der Schiri. Wie gehst Du mit den Reaktionen in Vereinsheimen oder auch Internetforen um?

    Mittlerweile sind mir die Reaktionen nach Niederlagen ziemlich egal. Da habe ich mir ein relativ dickes Fell zugelegt. Emotionen gehören dazu und die Schuldzuweisung an den Schiedsrichter eben (leider) auch. Wichtig ist für mich, dass ich mir nach dem Spiel sagen kann, an mir lag es nicht, ich habe nach bestem Wissen und Gewissen mit meinem Team entschieden, Tore müssen die Spieler schon selber schießen. Natürlich arbeite ich ein Spiel, in dem es viele schwierige Entscheidungen gab und das vielleicht sehr emotional und auch sehr hart war oder sich eine Mannschaft signifikant benachteiligt fühlt, im Nachhinein mit meinen Team-Kameraden nochmals auf. Aber einen bestimmenden Einfluss haben negative Reaktionen auf meine Spielleitung eigentlich nicht mehr, man entwickelt dabei schon eine gewisse Routine.

    Wie empfindest Du den Umgang der Medien mit Schiedsrichterleistungen im Allgemeinen, wenn z.B. mit Superzeitlupen und Hilfslinien Fehler des Schirigespanns aufgedeckt werden?

    Mich betrifft das ja weniger. Es gibt meines Erachtens überzogene und konstruktive Kritik. Mit beiden kann und muss man leben. Wer in der Öffentlichkeit steht, muss eben auch die Reaktionen auf sein Handeln in Kauf nehmen. Ich finde es allerdings unfair, wenn manche Kritiker und ‚Nachprüfer’ die anatomischen Grenzen, die einem Schiedsrichter-Kollektiv nun mal gesetzt sind einfach ignorieren und mit Hilfe technischer Mittel irgendwelche angeblichen Gegenbeweise antreten meinen zu müssen. Selbst Superzeitlupen und imaginäre Abseitslinien können keine hundertprozentige Aufklärung liefern. Andererseits, davon lebt der Fußball, sonst hätte man ja nichts zu streiten und zu diskutieren, wobei für mich auch hier Form und Inhalt entscheidend sind.

    Einige Deiner Kollegen hatten bereits handfeste Auseinandersetzungen mit Spielern und Fans. Wie sind Deine Erfahrungen und hat sich der Umgang mit den Schiris in den letzten Jahren verändert?

    Als Schiedsrichter habe ich über die Jahre eigentlich nur unwesentliche Änderungen im Umgang mit den Spielern erlebt. Es gibt eben solche und solche Spieler und Fans. Mit dem überwiegenden Teil habe ich keine Probleme. Mit manchen versteht man sich, mit anderen eben nicht. Mehr als verbale Entgleisungen sind mir noch nicht begegnet. Sollte das geschehen, würde ich mir sicher gut überlegen, ob ich weiterhin als Schiedsrichter tätig sein wollte.

    In den letzten Jahren kam im Fußball immer wieder das Thema ‚Gewalt und Rassismus’ auf. Wie sind Deine Erfahrungen?

    Grundsätzlich ist dies ein Problem, welches meiner Meinung nach nicht auf dem Fußplatzplatz gelöst werden kann. Mir selbst ist es in meinen Spielen noch nicht passiert. Weder dumme Sprüche noch tätliche Auseinandersetzungen mit einem erkennbar rassistischen Ursprung. Trotzdem muss man sich mit der latenten Existenz dieser Problematik auseinandersetzen, um bei Notwendigkeit entsprechend reagieren zu können, zu tolerieren sind solche Vorfälle auf keinen Fall.

    Was sind positive Ereignisse, an die Du Dich immer wieder gern erinnerst und warum?

    Positive Erlebnisse auf dem Fußballplatz sind für mich solche Spiele, nach denen beide Mannschaften sich bei uns dreien für die Spielleitungen bedanken, insbesondere der Verlierer. Und natürlich die Vorfreude auf besondere Spiele, seien es Derbys, Spiele höherklassiger Mannschaften oder ähnliches.

    Hast Du eigentlich selbst aktiv Fußball gespielt oder spielst Du immer noch und wenn ja, wie erfolgreich warst/bist Du?

    Ich habe bis zum 20. Lebensjahr selbst aktiv gespielt (Verteidiger), bin aber nie über Kreisklassen-Niveau hinausgekommen. Für mich stand aber auch immer der Spaß und erst in zweiter Linie der Erfolg im Vordergrund. So habe ich dann allerdings auch gespielt.

    Hast Du einen bestimmten Verein, für den Dein Herz schlägt?

    Eigentlich nicht.

    Welches sind Deine Wünsche für die kommenden Jahre. Gibt es Dinge im Fußball, die Du unbedingt noch erreichen möchtest?

    Meine Ziele in fußballerischer Hinsicht habe ich erreicht. Sonst wünsche ich mir eigentlich nur Gesundheit und persönliche Zufriedenheit.

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    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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