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  • SG FC Wartburgstadt/Lok Eisenach, 15. Februar 2008

     

    Aberglaube, oder Sitzen für den FCW


    Von:  Stephan R.T.

    Fußballer sind abergläubig, dass weiß nun wirklich jeder! Wenn Miro Klose ein wichtiges Tor erzielt, hängt er an seinen Torjubel einen Salto, damit es nicht sein letzter Treffer bleibt. Wenn Udo Latteks Mannschaft nicht verloren hat, weil er seinen blauen Pullover trug, dann wurde dieser Pullover notfalls getragen, bis er zur Spielwiese tausender unerforschter Pilzkulturen wurde. Und wenn ein gewisser Jenaer Noch-Bundesligist anfangen würde zu siegen, weil sein Neutrainer beim Stuhlgang aus Versehen verkehrt herum auf dem Thron saß, nun, dann würde es auf der Toilette des besagten Trainers bis zum Saisonende aussehen, wie auf dem Lokus eines sibirischen Waldarbeiters, der sich sein stilles Örtchen mit Wolf, Elch und Bär teilt.

    Natürlich färben solche Verhaltensmuster auch auf die Fans ab. Ich erinnere an meinen Freund Hutz und die Bratwurst. Ein paar Mal trafen die Eisenacher Herren des FC Wartburgstadt auf dem Rasen, erst nachdem Hutz eine Bratwurst verdrückt hatte. Der FCW verdankt seinen Aufstieg in die sechste Bundesliga möglicherweise nur der Gewichtszunahme von reichlich fünf Kilogramm unseres Webmasters. Selbst ich bin von diesen heidnischen Denkweisen nicht unberührt geblieben, worauf ich gleich ausführlicher eingehen werde. Doch zunächst zum Hallenfußball:

    Nachdem unsere Cracks beim FCW-eigenen Turnier in der Vorwoche durch die Weigerung eigene Tore zu erzielen, Freund und Feind sprachlos gemacht hatten, waren sie wohl heute auf das Gegenteil aus. Ich entschied mich trotz der Aussicht auf die Häme von Stedtfeldern und Wenigenlupnitzern FCW-Hassern gegen Biathlon und Skispringen im Fernsehen und für meinen Club in der Halle.

    Etwa 10 bis 15 FCW-Anhänger sitzen auf Bänken, die sonst den Handballfans die Welt bedeuten. Zugegeben: Schön warm haben sie es hier. Kein Vergleich zum luxusfernen Fußballfandasein der Landesklasse, wo einem in jeder Jahreszeit der frische Thüringer Wind um die Nase weht. Mit der ‚Prinzessin auf der Erbse’ ist der Fußballfan sicher nicht verwandt. Bambi macht ein glückliches Gesicht und das liegt nicht nur am Bier. „Wir haben schon zwei Tore gemacht ...“, strahlt er. „... aber auch drei kassiert“, fügt er an. Ein sehbehinderter Schiri verweigerte unseren Cracks wohl ein reguläres Tor. Ergo: Vergeben und vergessen, das Auftaktmaleur.

    Jetzt aber geht es gegen Nessetal Wenigenlupnitz, jene Kapelle, die im Vorjahr an gleicher Stätte schon einmal 1:9-Opfer des FCW wurde. Damals waren vielleicht fünf Lupzer Anhänger in der Halle, heute sind es achtmal so viele. Erfolgsfans? Aber natürlich! Die SG Nessetal hat alle Spiele der Hinrunde gewonnen und führt die Tabelle der Kreisliga an. Sie haben vom schwächelnden Hallen-FCW gehört und wollen diesem heute eine Naht verpassen, die diese Möchtegerns aus der Landesklasse ihren Lebtag nicht vergessen werden!

    Und sie starten, wie ihre freiwillige Feuerwehr. 1:0 nach wenigen Minuten! Der Gästemob tobt. Er tobt auch, als Kai Sobieray das 0:2 verhindert und den Ball außerhalb des Sieben-Meterraums in die Hand nimmt. Niemand hatte diesen ‚Fans’ gesagt, dass das im Hallenfußball erlaubt ist. Was für eine Nachlässigkeit! Nicht mal der Schiri reagierte auf ihre Zurufe- eine Unverschämtheit! Wer war denn hier ungeschlagener Spitzenreiter? Lupnitz, oder die!!?

    Das Spiel lief weiter. Und der FCW festigte sich. 1:1! Die Eisenacher Fans machen sich bemerkbar. Bei den Nessetalern liegen die Nerven blank und einige ihrer Spieler fangen an, wie anatolische Lastenesel um sich zu treten. Die FCW-Cracks kombinieren und erzielen das 2:1. Sie tun den Nessetalern nicht den Gefallen weiter zu stürmen und letztere beißen sich an der taktisch klug gestaffelten Abwehr ihre Kreisligaspitzenreiterzähne aus. In der Halle schlägt der ‚Kleine’ öfters mal den ‚etwas Größeren’. Nicht aber in diesem Spiel!

    Ich hatte also kaum Platz genommen und schon stellt sich der Erfolg bei meinem Club ein? Aberglaube oder nicht, dass musste etwas zu bedeuten haben. „Matze, kommste mit runter ins Foyer?“. „Nee lass ma. Ich sitz grad so schön“, redete ich mich heraus.

    Im nächsten Spiel treten die Stedfelder mit der gleichen Zielstellung wie ihre Lupnitzer Kollegen gegen unseren FC an. Und auch sie gehen mit 1:0 in Führung. Würden sie es diesen Eisenacher Diskotänzern zeigen? Nein, denn da unten spielte Diskotänzer gegen Discotänzer. Die Spieler kennen sich untereinander und stehen sich am Tresen des ‚MAD’ öfter, als auf dem Fußballplatz gegenüber. Egal verlieren will keiner. Auch nicht der FCW, der sein stärkstes Spiel im Turnier zeigt und die Stedtfelder Gastgeber mit 5:1 von der Platte putzt.

    Der FC wird also immer besser und mir tut nach anderthalb Stunden auf der Holzbank so langsam der Allerwerteste weh. Als Fußballfan der ‚Knackwurschtliga’ bekommt man keine Gelegenheit sich genügend Polsterfläche anzufressen und anzusitzen, damit man einen solchen Sitzmarathon schmerzlos überstehen kann. Doch ich gebe nicht auf. Sitzen für den FCW!

    Der nächste Gegner ist im Halbfinale Adler Weidenhausen aus der Bezirksoberliga Hessen. Die Klasse ist in der Wertigkeit mit unserer Landesklasse identisch und die Weidenhäuser belegen dort einen Spitzenplatz. Mit viel Respekt voreinander spielen beide Mannschaften die ersten fünf Minuten. Doch dann entwickelt sich das vielleicht beste Spiel des Turniers. Auf beiden Seiten gibt es klasse Spielzüge und nur die Torhüter sowie das Pech der Spieler verhindern ein Torfestival. 0:0 bedeutet Neunmeterschießen. Und unser FCW versenkt alle seine Penaltys. Finale! Die FCW-Hasser verlassen enttäuscht die Halle. Statt der erhofften Hinrichtung wurden sie Zeuge der Aufführung des Stückes ‚Poenix aus der Asche’ mit dem FC Wartburgstadt in der Hauptrolle.

    Was habe ich doch für einen Glückshintern. Zwar einen wundgesessenen und schmerzenden, aber auch einen vielversprechenden. Er verspricht den Turniersieg meiner Mannschaft, wenn ich durchhalte. Ich habe Durst, ich habe Hunger und außerdem müsste ich mal zur Toilette. Um mich herum werden Bier und Bockwurst konsumiert. Egal: Jesus hat sich für die Menschheit ans Kreuz nageln lassen. Ich klebe für meinen FCW an dieser Folterbank in der Assmannhalle. Nach dreieinhalb Stunden und fortgesetzten Taubheitserscheinungen meiner fünf Buchstaben endlich das Finale!

    Unser FC gegen den hessischen Landesligisten aus Eschwege. Beide Mannschaften beginnen das Spiel genauso, wie das Halbfinale. Mit vorsichtigen Kurzpässen und vielbeinigen Abwehrreihen. Keiner will ins Hintertreffen geraten und sich dann auskontern lassen. Es wird ein Langweiler, dieses Stedtfelder Neujahrsturnierfinale. Und es wird das zweite 0:0 des Nachmittags. Im Neunmetershooting wird der Sieger ermittelt. Vielleicht hält Keeper ‚Sobbe’ ja mal einen. Unsere Spieler werden ja wohl alle treffen, glauben die Fans. Thomas Gröger belehrt uns eines besseren. Einer der stärksten Spieler des Tages trifft freistehend aus neun Metern das Tor nicht. Der FCW wird Zweiter des Turniers. Zwar sind die Jungs deutlich besser als in der Vorwoche aufgetreten, doch wir hätten nach dem damaligen letzten Platz heute gerne einen Ersten gesehen. Fazit: Fußball ist eben ungerecht und mein Hintern ist ein Lügner. Dieser Arsch!

    Matze Klaß

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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