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  • Türkiyemspor 1978, 23. April 2009

     

    Eine Erfolgsgeschichte von Berlin


    Von:  Stephan R.T.

    Der Reise-Service im Willy-Brandt-Haus hat eine ganz besondere Berliner Begegnung organisiert: Vorstands-Mitglieder von Türkiyemspor (Dr. Susam Dundar-Isik und Nare Yesilyurt-Karakurt), der Jugend-Trainer Sedat Kahraman, Cetin Özaydýn (Türkiyemspor-Förderverein) trafen sich mit SPD-Mitgliedern aus verschiedenen Städten in Deutschland. Thema der Begegnung: Was verändert Türkiyemspor und das Fußballspielen in Berlin?

    Eröffnet wurde die Veranstaltung von der Türkiyemspor-Pressesprecherin Dr. Susam Dündar-Isik, die auch die Diskussionsrunde moderierte: „Türkiyemspor wurde vor 30 Jahren als eine Verein in Berlin von einer kleinen Gruppe von Menschen gegründet, die aus dem an der westlichen Küste liegenden Ort Izmir stammen, um in ihrer Freizeit Fußball zu spielen. Die Gruppe ist schnell größer geworden und spielt heute in der Regionalliga Nord in der vierten Klasse. Die Erfolge von Türkiyemspor ähneln sehr der Erfolgsgeschichte der Kinder von MigrantInnen, die vor 40 oder 50 Jahren in Deutschland gekommen sind. Deren Kindern sind heute Arzt, Jurist, Lehrer, Politiker, Sozialpädagoge usw. geworden und Türkiyemspor ist in die Regionalliga aufgestiegen. Unser Verein ist in Kreuzberg verwurzelt – aber wir sind keine Ghetto-Verein. Im Gegenteil: Neben den Berlinern sind auch Deutsche und Europäer in unserem Verein. Von unseren Spielern kommen 56 Prozent aus Deutschland und 44 Prozent MigrantInnen, u.a. aus den USA, China, Mexico usw.“

    Nare Yesilyurt-Karakurt (Jugendkoordinatorin und Vorstandmitglied) stellte den Verein weiter vor: „Unter den vor vier Monaten gewählten Vorstandmitgliedern sind fünf Deutsche und drei Türken – und unter drei hoch qualifizierte Frauen.“ Sie bemerkte, dass Türkiyemspor damit einmalig sei: „In welchen Vereinsvorstand sitzen denn sonst so viele Frauen und Migranten?“ Sie stellte anschließend kurz den Vorstand und dessen Ziele vor und informiere über die gemeinsame Jugend- und Präventionsarbeit: „Wir holen die Kinder von der Straße und geben ihnen die Möglichkeit, etwas Schönes zu schaffen, zu erleben und zu erlernen – Teamarbeit, Solidarität, Miteinander leben.“

    Jugend-Trainer Sedat Kahraman betonte, dass es bei Türkiyemspor keine Unterscheidung der Spieler wegen Nationalität, Religion, Hautfarbe und Geschlecht gibt: „Aus 25 Länder spielen bei uns 600 Spieler. Wir haben 1.200 Mitglieder und über 10.000 Fans in ganz Europa. Unser Ziel ist es, durch Sport die Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren und zu sozialisieren. Wir wollen nicht nur die sportlichen Erfolge, wir haben vielmehr wichtige Arbeit im sozialen Bereich geleistet. Für diese Arbeit hat der Deutschen Fußball-Bund Türkiyemspor im Jahre 2007 mit dem Integrationspreis ausgezeichnet.“

    „Zurzeit hat Türkiyemspor vier Mädchenteams. Wir sind aber jetzt dabei, ein fünftes Team zu bilden“, sagte Özaydin, der Vertreter des Fördervereins von Türkiyemspor: „Die Mädchen bekommen sehr viel Förderung und Unterstützung von ihren Familie, weil diese ihre Kinder erfolgreich sehen möchten. Die größten Probleme, die wir während Fußballspielen ständig im Osten Berlins und in den neuen Bundesländern haben, sind rassistische Beschimpfungen. Dies ist nicht akzeptabel, dagegen muss endlich etwas unternommen werden!“

    Auf die Frage, ob man den Namen von Türkiyemspor ändern wolle, antwortete Dr. Dündar-Isik: „Eine derartige Namensänderung wäre so ähnlich, wie einem 40- oder 50-jährige Mensch zu sagen, ‚Vergiss deine letzten 30 Jahre und versuch, ein neuer Mensch zu werden!’ Ein Mensch, der sein letzte 30 Jahre vergisst, ist aber nicht einfach nur der frühere Mensch. Türkiyemspor ist ein lebender Teil unserer Geschichte in Deutschland und Europa. Das Zusammenwachsen von Türken und Deutschen hängt nicht an einem neuen Namen.“

    Dr. Dündar Isik betonte besonders, dass die Geschäftsleute manchmal eher visionärer denken als Politiker: „Der Inhaber der Marke ‚Gazi’-Lebensmittelprodukte ist Deutscher, aber er macht türkische Reklame, benutzt türkische Namen und Bilder einer Moschee. Auf der anderen Seite kritisierte Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, die in Türkisch angehängte Werbetafeln in Neukölln. Das sind zwei extreme Beispiele. Wir alle müssen uns ein bisschen von diesen Extrem-Positionen entfernen, unsere Kräfte für unsere Heimatland Deutschland bündeln. Türkiyemspor ist eine einzige Organisation, die den von deutsche Medien immer verbreiteten Bildern von schlecht ausgebildeten, erfolglosen und nicht integrierte Migranten etwas Positives entgegensetzen kann: Von 28 Spielern unserer A-Jugendmannschaft gehen 90 Prozent ins Gymnasium. Wir sind stolz auf unsere Spieler und Trainer wegen ihrer Leistung und ihres Erfolg. Diese Jugendlichen werden die zukünftige Juristen, Arzten, Lehrern usw. sein – vielleicht ist unter ihnen auch ein zukünftiger deutscher Minister. Wir möchten endlich positive Beispiele sehen, und mit den positiven Beispielen genannt werden.“ Nare Yesilyurt-Karakurt sagte: „Wenn wir Türkiyemspor umbenennen – muss ich dann meinen Namen auch in Ursula umändern? Solche Zugeständnisse bedeuten, dass immer mehr Veränderung gefordert wird.“ Herr Karaman und Herr Özaydin betonten, dass eine Namensänderung den Kern des Vereins treffen würde: „Wir sind gegen jeder Art von Assimlation.“

    Im ‚Kumkapi Restorat’ mit leise begleitenden türkische Musik und leckere türkischen Gerichte wurde dann auch über die Türkei gesprochen, Insbesondere, wie wichtig die Vollmitgliedschaft der Türkei in die EU ist. Fast 40 Prozent der Gäste waren schon mal in der Türkei und versuchten auch, an diesem Abend türkisch zu sprechen. Das hat natürlich mehr Farbe und Lebendigkeit in die Diskussion gebracht.

    Dr. Susam Dündar-Isik

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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