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  • SG Dynamo Dresden, 08. April 2011

     

    Fangemeinschaft Dynamo beklagt sich über Interview mit Friedrich-Wilhelm Junge


    Von:  Stephan R.T.

    ‚Millionen für einen drittklassigen Verein‘ war am gestrigen Donnerstag die Überschrift für ein Interview mit Friedrich-Wilhelm Junge in der Sächsischen Zeitung. Darin beklagt sich der Schauspieler mit Sätzen wie „Da haben sie diesen drittklassigen Fußballverein und zwei Weltklasse-Orchester – Philharmonie und Staatskapelle. Der drittklassige Verein kriegt ein Weltklasse-Stadion, aber für das Weltklasse-Orchester soll so ein Zwischending, die eierlegende Wollmilchsau, genügen.“ über die Verteilung von Subventionen.

    Zudem meint Junge zu wissen, dass Fußballfans als Gäste der Stadt Dresden nicht so viel Geld einbringen wie Besucher der Hochkultur und äußerte dies in dem Satz: „Glauben Sie, ein Hooligan nimmt sich ein Hotel-Zimmer?“ Dieses möchte die Fangemeinschaft der SG Dynamo Dresden nicht so einfach auf sich sitzen lassen und veröffentlichte daraufhin den folgenden offenen Brief:

    Offener Brief der Fangemeinschaft Dynamo an Friedrich-Wilhelm Junge

    Sehr geehrter Herr Junge,

    Fußballanhänger sind also Hooligans, gehen nicht wählen und merken nicht einmal wenn man das Stadion drei Jahre schließt? Bei allem Verständnis für die Kritik an den Umbauplänen für den Kulturpalast, liefern sie mit ihren Aussagen in der heutigen Sächsischen Zeitung nichts anderes als ein Paradebeispiel für wahre spätrömische Dekadenz, eine Eigenschaft der Parallelgesellschaft vermeintlicher Eliten.

    Die bundesweit neu entstandenen Stadien sind ein Ausdruck dafür, dass Fußball nicht nur gesellschaftsfähig, sondern mehrheitsfähig geworden ist. Mit neuen fußballorientierten Schichten kamen auch neue Ansprüche an Komfort und Sicherheit, die letztlich von den Institutionen des Verbandes und des Staates verpflichtend festgeschrieben wurden und Neubauten unausweichlich werden ließen. Die sehr überschaubare Gruppe der ‚Hooligans‘ hätte darauf sicher verzichten können.

    Dass ein Stadion heutzutage Teil der städtischen Infrastruktur ist und von der öffentlichen Hand mitfinanziert wird, ist üblich und legitim. Von den Fußballvereinen werden 700 Mio. Euro Steuern und Abgaben im Jahr abgeführt. Nur ein einziger, Bayern München, erzielt langfristig Gewinne. Überall sonst ist auch Profifußball ein Verlustgeschäft, ähnlich wie andere Kulturbereiche und benötigt zumindest für die Spielstätten Unterstützung. Das nun vor allem der Drittligist Dynamo in existenzbedrohendem Maße und eben auch die Kommune für das neue Dresdner Schmuckkästchen bezahlen, hat seine Ursache schlicht und ergreifend darin, dass es die städtischen Verantwortlichen (absichtlich) verschlafen haben, im Rahmen der WM 2006 die Möglichkeit zu nutzen, Fördermittel von Bund und Land für einen Neubau zu erhalten.

    In das vergleichsweise bescheidene und sicherlich nicht als ‚Weltklasse‘ zu bezeichnende Dresdner Stadion (vergleichen sie bitte die Kosten mit den Neubauten in Leipzig oder Aachen, ganz zu schweigen von Düsseldorf, München etc.) strömen in dieser Saison wieder weit über 300.000 Menschen, Tausende weitere fiebern zu Hause mit. Insgesamt ergab eine Studie acht Millionen Sympathisanten von Dynamo Dresden. Sind diese Menschen keine Steuerzahler? Und mit welchem Recht werden dann eigentlich zig Millionen öffentliche Mittel in Hochkultursubventionen gesteckt? In einer Stadt, die mehr als ausreichend auf diesem Gebiet versorgt ist, in einen Bereich mit weitaus exklusiverem Publikum. Während Ottonormalverbraucher dafür Verständnis haben soll, wird Unterstützung für notwendige Rahmenbedingungen des Fußballs mit seinem wesentlich breiter gestreutem Publikum geneidet und mit peinlichen Phrasen über ‚Hooligans‘ von ihnen derart offensichtlich Stimmungsmache betrieben, dass eigentlich nur noch die durch Dynamo Dresden bedrohten Kindergartenplätze fehlen.

    Sehr geehrter Herr Junge, Dresden ist eine Kulturstadt und Fußball ist Kultur. Besonders wichtige Kultur, kommen doch beim Fußball soziale Exklusion, Status und Distinktionsbedürfnis weniger zum Tragen als anderswo. Allein die Tatsache, dass am gestrigen Abend 28.365 Fans im Dynamostadion eine, vornehmlich durch Jugendliche auf die Beine gestellte, sensationell kreative und fantastische Choreografie bewunderten, unterstreicht die einmalige Bedeutung des Kulturgutes Fußballs in und für die Stadt Dresden. Die Fangemeinschaft Dynamo empfindet es als erschreckend, beschämend und bezeichnend, wie abfällig und unwissend sie sich als ein Mitglied des Kultursenats der Kulturstiftung Sachsen äußern. Für Lobbyarbeit unter dem Deckmäntelchen des Kampfes gegen Steuermittelverschwendung, werden sie mit ein wenig gutem Willen sicher eine Reihe wesentlich größerer und fragwürdigerer Ausgaben finden, als die Unterstützung einer von zwei brauchbaren Fußballspielstätten in ganz Sachsen.

    Mit dynamischen Grüßen,

    Fangemeinschaft Dynamo e.V.

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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