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  • SV Babelsberg 03, 26. Mai 2011

     

    Offener Brief der Fans


    Von:  Stephan R.T.

    Die letzten Monate waren beim SV Babelsberg 03 geprägt vom sportlichen Erfolg der Mannschaft um Trainer Dietmar Demuth und zahlreichen Skandalen rund um die Führungsriege der Vereins. Letztere scheint nun die Filmstädter in den Abgrund zu reißen, denn etliche Sponsoren haben sich zurückgezogen, um nicht auch im Sumpf zu versinken.

    Als Folge dessen musste Babelsbergs Präsident Rainer Speer eingestehen, dass zur Deckung des Drittliga-Etats für die Spielzeit 2011/12 noch 1,4 Millionen Euro fehlen. Diese Summe muss bis zum kommenden Mittwoch (1. Juni) beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) nachgewiesen werden. Der Zwangsabstieg scheint also unvermeidlich, die Spieler sind bereits auf der Suche nach neuen Vereinen. Für den kommenden Dienstag (31. Mai) ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, auf der es wohl nicht mehr um den Erhalt der dritten Liga gehen wird, sondern nur noch um die Vermeidung der Insolvenz und dem daraus resultierenden wahrscheinlichen Aus der SV Babelsberg 03. Die Fans der Filmstädter haben zu diesem Thema einen offenen Brief verfasst:

    Offener Brief der Fans des SV Babelsberg 03

    Mit diesem Brief wenden wir, die Fans des SV Babelsberg 03, uns an die Öffentlichkeit. Die letzten turbulenten Wochen und Monate, die in der erschütternden Nachricht des drohenden Zwangsabstiegs unseres Vereins gipfelten, veranlassen uns zu diesem Schritt. Unser Verein befindet sich in der schlimmsten Krise seit der Insolvenz im Jahr 2003 und viele von uns spüren eine Mischung aus Wut und Trauer. In den letzten Jahren ist es den aktiven Fans in Babelsberg gelungen, etwas Besonderes zu schaffen, das Ausstrahlungskraft weit über die Grenzen Potsdams hinaus besitzt.

    Der Name Babelsberg 03 wurde stets mit einer kreativen, lauten, bunten Fanszene und dem aktiven Engagement gegen Rassismus verbunden. Mittlerweile ist es jedoch soweit gekommen, dass bei Babelsberg zuerst an Stasiklüngel, dubiose Netzwerke und halbseidene Strukturen gedacht wird. Das schmerzt uns umso mehr, weil damit nicht nur die durchaus erfolgreiche Arbeit des Vereins in Frage gestellt, sondern auch unser Engagement in Misskredit gebracht wird. Leider ist die derzeitige Wahrnehmung des Vereins auf den Vorstand und seine Verfehlungen beschränkt und dabei gerät in Vergessenheit, was den Verein eigentlich ausmacht.

    Sportlich erfolgreich

    Mit Dietmar Demuth ist es seit langer Zeit endlich wieder gelungen, einen Trainer an den Babelsberger Park zu bringen, der es versteht aus minimalen Möglichkeiten das Maximum herauszuholen. Die ganze Mannschaft hat bewiesen, wie viel man mit Zusammenhalt und Leidenschaft trotz widriger Bedingungen erreichen kann. Umso trauriger, dass die herausragenden Leistungen der Rückrunde und der bereits seit Wochen feststehende Klassenerhalt sowie die erneute Qualifikation für den DFB-Pokal nunmehr völlig umsonst gewesen sein sollen. Auch wenn viele Spieler den Verein nun aufgrund der aktuellen Entwicklungen fraglos verlassen, so werden wir sie ebenso wie den Trainerstab doch für diese unglaubliche Saison in Erinnerung behalten.

    Auch das Land Brandenburg und die Stadt Potsdam profitieren vom SVB, ist er doch nach Energie Cottbus der erfolgreichste Fußballverein des Landes im Herrenbereich und zusammen mit Turbine Potsdam sportliches Aushängeschild der Landeshauptstadt. Die positive Entwicklung der Zuschauerzahlen, die mediale Aufmerksamkeit und nicht zuletzt das Image der Babelsberger Fans als tolerant und weltoffen sprechen für sich.

    Sozial engagiert

    Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang, dass Babelsberg 03 über eine der besten Nachwuchsabteilungen im Land Brandenburg verfügt. Die A- sowie C-Junioren wurden souverän Landesmeister, die B-Junioren schlossen die Saison als Vizemeister ab. Mit dieser weitestgehend ehrenamtlich organisierten Jugendarbeit erfüllt 03 eine wichtige soziale Aufgabe in der Stadt Potsdam und dem Land Brandenburg.

    Direkt verknüpft mit der sportlichen Existenz des Vereins ist auch das Fanprojekt Babelsberg, welches in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert und vielfach für seine Arbeit mit den jungen Babelsberger Fans ausgezeichnet wurde. Der Fanladen mit seinen offenen Tagen und dem Betrieb an bei Heimspielen ist der zentrale Punkt der Fanszene. Darüber hinaus ist der Fanladen ein wichtiger Anlaufpunkt für Jugendliche im Kiez mit individuellen Problemen. Auch die aus dem Fanprojekt entstandene Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsheim Potsdam, das daraus entstandene Integrationsteam aus Fans und Asylbewerbern sowie die Begleitung der Fans bei Heim- und Auswärtsspielen sind wichtige sozialpädagogische Angebote, welche die Babelsberger Kultur prägen. Bei einem Wegfall des Fanprojekts wären auch die beiden Stellen der Sozialpädagogen in Frage gestellt.

    Was nun?

    Eine Insolvenz würde all das zerstören, was in den letzten Jahren durch das Engagement vieler aktiver Fans und ehrenamtlicher Mitarbeiter aufgebaut wurde. Ein Zwangsabstieg und die damit verbundenen finanziellen Einbußen würde alles nachhaltig schädigen. Um das zu verhindern, neues Vertrauen bei potenziellen Sponsoren zu schaffen und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen, muss dringend gehandelt werden.

    Ein geschlossener Rücktritt des bisherigen Vorstands und eine kritische Begutachtung der Zusammenstellung des Aufsichtsrates sind unausweichlich. Selbst aktive Mitglieder erfuhren erst aus der Presse vom drohenden Abstieg, auch der Trainer wurde von dieser Information völlig überrascht. Noch immer ist die Lage unklar, es kursieren Gerüchte, welche zu einer untragbaren Situation führen. Die Informationspolitik des Vorstandes, sein Handeln in Gutsherrenart, der Umgang mit den Fans während der Saison und nicht zuletzt die fragwürdige Vergangenheit einiger Vorstandsmitglieder erwecken den Anschein, dass es dem Vorstand nicht um den Verein Babelsberg 03, sondern vielmehr um das Knüpfen suspekter Geflechte aus Politik, Wirtschaft und schillernden Einzelpersonen ging. Wir als Fans des SVB stehen nicht hinter diesem Vorstand, es besteht keinerlei Vertrauen in das Handeln der Mitglieder, die uns mit Lügen oder Schweigen abfertigen und keinerlei Rechenschaft für die Zerstörung des Vereins und der Babelsberger Fanszene ablegen wollen. Vielmehr sehen wir die Notwendigkeit eines schnellen Neuanfangs und einer lückenlosen Aufklärung aller Vorkommnisse.

    Für einen Neuanfang ist eine Reform der Strukturen des Vereins zwingend notwendig. Diese muss eine Änderung der Satzung zu mehr Mitspracherecht der Mitglieder, eine bessere Kontrolle des Vorstandes und größere Transparenz des Geschäftsgebarens des Vereins bedeuten.

    Die Enthüllungen der letzten Tage haben bewiesen, dass mit der aktuellen Vereinsführung kein Neuanfang möglich ist. Daher sehen wir uns als Fans in der Pflicht, selbst aktiv zu werden und unseren Verein zu retten. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir auf unser Anliegen aufmerksam machen und hoffen dabei auf die Unterstützung von vielen Potsdamerinnen und Potsdamern. Es ist nun an uns, alles zu tun, um den Zwangsabstieg in die sportliche und wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit oder gar die Insolvenz unseres Vereins zu verhindern. Wir, die Fans, die ehrenamtlichen Engagierten im Verein, die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger, das Land Brandenburg und der DFB haben die Zukunft des SV Babelsberg 03 in ihren Händen.

    Lasst uns gemeinsam diese Chance nutzen, denn Babelsberg 03 ist mehr als nur ein Sportverein.


    Zur Tabelle der dritten Liga

    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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