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  • Tennis Borussia, 07. Juli 2008

     

    „Seinerzeit war ich sozusagen ein Modefan“


    Von:  Stephan R.T.

    Am 22. August 2003 war es soweit, ‚ping-pong-alex’ hatte sich in unserem Forum registriert und sich seither an den Diskussionen rund um die Oberliga Nordost Nord beteiligt. Wie der Name es vermuten lässt, schlägt das Herz des 42-Jährigen für den Berliner Verein Tennis Borussia, den er seit über 30 Jahren begleitet. Wie seine Leidenschaft zu TeBe entstand und wie er die aktuelle Situation im Fußball sieht, steht in seinen folgenden Antworten auf unsere Fragen.

    Alex, wie ist Deine Leidenschaft für den Fußball entstanden und wer hat Dich eigentlich zum Fußball gebracht?

    Mein Vater hatte mich zunächst zu Hertha Zehlendorf mitgenommen, da wir dort in der Nähe zur Untermiete gewohnt hatten. Konkrete Erinnerungen an die Spiele habe ich jedoch nicht mehr. Am letzten Spieltag der Saison 1975/76 spielten wir dann in der zweiten Liga Nord gegen Wacker 04. Da TeBe mit einem Sieg in die Bundesliga aufsteigen konnte, kam mein Vater glücklicherweise auf die Idee, dieses Spiel zu besuchen. Für mich war das seinerzeit sehr aufregend, im Olympiastadion ein Spiel vor 20.000 Zuschauern sehen zu können. Obgleich Hertha mit Abstand der populärere Verein in Westberlin war, konnte man damals viele Mitschüler bewegen, die Spiele von TeBe in der Bundesliga zu besuchen. Seinerzeit war ich sozusagen ein Modefan.

    Für welchen Verein schlägt Dein Herz und warum - was verbindet Dich mit Deinem Verein, wie und wann wurdest Du Fan?

    Zunächst schlägt mein Herz offensichtlich für TeBe. Über die Jahre hinweg wurde daraus eine leidenschaftliche Beziehung, weil ich mich schlicht und ergreifend bei TeBe wohlgefühlt hatte.

    Zu meinem Zweitverein, dem Fulham FC, bin ich über die Familie meiner Mutter gekommen. Meine Mutter ist in Putney aufgewachsen. In der Gegend gibt es mit Fulham und Chelsea zwei Vereine, wobei der Spruch ‚support your local team’ in London eine tatsächliche Bedeutung hat, so dass mir frühzeitig deutlich gemacht wurde, dass Fulham (damals in der vierten Liga) der Verein ist, zu dem man geht, während Chelsea eine ‚No-go-Area’ ist.

    Sympathien besitze ich heutzutage noch für den Wiener SC sowie Rayo Vallecano.

    Welche Erinnerung hast Du noch von den ersten Spielen, was war das für Dich damals für ein Erlebnis?

    Für mich als kleiner Junge war es in jedem Fall ein Erlebnis, im Olympiastadion vor Tausenden von Zuschauern den Underdog TeBe anfeuern zu dürfen. Haften geblieben sind mir die Siege gegen den 1. FC Köln, Bayern München sowie beide Spiele gegen Hertha BSC.

    Die Tatsache, dass wir damals abgestiegen sind, hatte für mich überhaupt keine Bedeutung. Gewundert hatte ich mich dann nächste Saison in der zweiten Liga Nord darüber, dass kaum noch jemand die Spiele besucht hatte und auch die Mitschüler kein Interesse mehr hatten, TeBe anzufeuern, sondern lieber zu Hertha gegangen sind. Die Ausnahme waren lediglich die berühmten Sparkassenspiele gegen Wacker 04, wo mittels Freikarten über 50.000 Zuschauer den Weg ins Olympiastadion fanden.

    Wie zufrieden bist Du mit der aktuellen Leistung Deines Vereins, was lief in dieser Saison gut, was hätte besser klappen können?

    Der Verlauf der letzten Saison war in jedem Fall eine sehr große Enttäuschung. Die Tatsache, dass wir uns nicht für die Regionalliga qualifizieren konnten, überdeckt alles, so dass selbst der Pokalsieg lediglich eine schwache Rehabilitation für die grausame Saison ist. Positiv ist, dass sich gleichwohl unsere aktive Fanszene nicht hat entmutigen lassen.

    Wie soll es in der nächsten Saison weitergehen, was erwartest Du von Deinem Verein und in welchen Bereichen sollte es besser laufen?

    Was die kommende Saison anbelangt, blicke ich durchaus optimistisch in die Zukunft. Mit Thomas Herbst konnten wir einen Trainer gewinnen, der sich auskennt und bewiesen hat, aus den vorhandenen Möglichkeiten das Optimale herauszuholen. Mit den Neuverpflichtungen habe ich die Hoffnung, dass wir eine Mannschaft bekommen, die das Wort Mannschaft auch verdient. Jedenfalls bin ich sehr gespannt, wie sich unser Team behaupten wird.

    Was waren die schönsten und welches die erschütterndsten Erlebnisse mit Deinem Verein und anderen Fans?

    Über die Jahre hinweg gab es sicherlich einige sehr schöne Erlebnisse: Ein großes Highlight war der Aufstieg in die zweite Liga mit dem verwandelten Elfmeter von Goran Curko gegen die Sportfreunde Siegen. Siege gegen Union und Hertha gehören selbstverständlich auch in die Liste der schönsten Erlebnisse, wobei der DFB-Pokalsieg 1998 gegen Hertha BSC alles überstrahlt.

    Deprimierend war das wiederholte Scheitern in diversen Aufstiegsrunden zur zweiten Liga. Beispielhaft ist das 0:5 gegen BV 08 Lüttringhausen oder vor allem die Niederlage beim VfB Oldenburg zu nennen.

    Als Tebe-Fan hat man sehr oft negative Erfahrungen mit gegnerischen Fans sammeln müssen, so dass man sich mitunter schon die Frage stellen musste, warum man seine körperliche Unversehrtheit auf das Spiel setzt, nur weil man Fußball schauen möchte.

    Gerade in den 90er Jahren hat es oftmals kaum/wenig Spaß gemacht, die Spiele zu verfolgen, wenn man z.B. erleben durfte, wie hasserfüllte Unionfans bis nach Oldenburg oder Hannover gefahren sind, um ihren Hass auf uns auszuleben. Unrühmliche Negativhöhepunkte waren die Erlebnisse mit den Fans aus Chemnitz oder Cottbus, mit dem Wurf der polnischen Übungshandgranate auf das Spielfeld im Mommsenstadion.

    Was macht Dich zu einem echten Fußball-Fan, wie siehst Du andere Fans?

    Es soll jeder für sich entscheiden, wie er sein Fansein definiert. Mit der Bezeichnung ‚echter’ Fußballfan kann ich nichts anfangen.

    In den letzten Jahren kam im Fußball immer wieder das Thema ‚Gewalt und Rassismus’ auf. Wie sind Deine Erfahrungen zum Thema und wie siehst Du die Probleme zwischen Fans und Ordnungskräften?

    Als TeBe-Fan hat man oftmals Erfahrungen mit Rassismus, Antisemitismus und Homophobie machen müssen. Gerade die Erfahrungen in der 90ern haben zu der Politisierung unserer Fanszene geführt. Ich bin froh und glücklich darüber, dass wir vom Konservativen bis Autonomen den Grundkonsens besitzen, dass rassistische, antisemitische oder homophobe Ausfälle nicht geduldet werden. Von daher bin ich auch jemand, der sich entschieden gegen die von Fans oftmals vertretende Auffassung wendet ‚dass Politik beim Fußball nichts zu suchen hätte’.

    Zu der Frage Sicherheit habe ich sehr zwiespältige Gefühle. Ich sehe selbstverständlich repressive Tendenzen und stehe der Stadienverbotspraxis sehr kritisch gegenüber. Andererseits waren wir als kleine Fanszene oftmals darauf angewiesen, dass Ordnungskräfte vor Ort waren, die sicherstellten, dass man seine Leidenschaft Fußball auch ausleben kann.

    Ein weiteres aktuelles Thema ist kommerzielle Entwicklung des Sports, wie stehst Du dazu?

    Wenn man den Anspruch hat, höherklassig Fußball zu spielen, muss man eine gewisse Kommerzialisierung in Kauf nehmen. Entscheidend ist, eine gesunde Mischung zu finden, dass die Fans ihre Kultur auch weiterhin noch ausleben können. Von daher kann ich mit der Überreglementierung (Stichwort Fahnenpass, Kontrolle von Transparenten; Megafonverbote etc.pp), dem Rahmenprogramm (Maskottchen, Musik wie ‚Hände zum Himmel’, Cheerleading) und die Versitzplatzung der Stadien nicht viel anfangen. Ich hoffe jedenfalls, dass wir keine englischen Verhältnisse bekommen, wo sich ein Arbeitsloser oder Geringverdiener sein Hobby nicht mehr leisten kann.

    Bist Du von anderen Fangruppen beeindruckt – wenn ja, von welchen und warum?

    Früher war sicherlich die Fanszene von St. Pauli vorbildhaft. Respekt habe ich vor den Fans, die sich in die Vereinspolitik einmischen und nicht nur konsumieren und sich gegen rassistische Auswüchse in ihren Szenen stellen.

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    Geschrieben von:  Stephan R.T.

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