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u.a. mit Investoren und Protest, Kurvenlieder und ihre Geschichten sowie 50 Jahre Ultras Viola
  • 1. FC Union Berlin, 17. März 2008

     

    Nulldrei!


    Von:  yeti

    Viel wurde im Vorfeld des Spiels Babelsberg gegen Union geredet, wird es doch, dem aktuellen Tabellenstand nach, das letzte Aufeinadertreffen beider Vereine für lange Zeit sein. Das Hinspiel endete mit einer gefühlten Niederlage – 1:1, allerdings nur auf dem Platz. Auf der Straße und den Rängen gingen die Punkte ganz klar an Union. So sollte es auch dieses Mal sein. Beide Szenen mühten sich dem Anderen eins auszuwischen. Babelsberg betrieb mit Fahndungsplakaten, die einen Ultra von Union zeigten, moderne Menschenjagd und gab sich so der Lächerlichkeit Preis. Die antifaschistische Nordkurve jagt Menschen mit Nazi- und Polizeimethoden, harter Tobak. Dass sie auch anders können, zeigte ein ziemlich gelungener Rapsong mit dem Titel ‚3zu2’. Durch einen ausgefeilten Text und dem melodischen Beat hob sich der Song deutlich vom Ultra-Rap-Gepöbel anderer Szenen ab.

    Union ließ sich auch nicht lumpen und konnte durch diverse Besuche in der Vorstadt punkten. An die Brücke am Bahnhof Babelsberg wurde eine überdimensionale Berlin-Fahne gemalt. Außerdem wurden verschiedene Graffitis gesetzt und enorme Mengen Aufkleber angebracht. Daran konnten die Berliner auch die regelmäßigen Streifenfahrten der Nulldreier nicht hindern. Seit Anfang der Woche wollten die Vorstädter so ihren Kiez und das Karl-Liebknecht-Stadion sauber halten.

    Eine Woche vor dem Spiel hatten Fans die Idee, den Gästeblock erst fünf Minuten nach Anpfiff zu betreten und verschiedene pro Alte Försterei Banner in den Block zu hängen. Außerdem plante das Wuhlesyndikat eine große Nicki-Aktion, die bis zuletzt geheim gehalten werden konnte.

    Es war also angerichtet und so trafen sich circa 200 Jugendliche Unioner auf dem Bahnhof Ostkreuz, um gemeinsam in die Vorstadt zu reisen. Das Polizeiaufgebot war enorm und jeder konnte sich sicher sein, unbeschadet in Babelsberg anzukommen. Daran hatten die Nulldreier allerdings kein Interesse und bewarfen den Zug kurz vor seinem Ziel mit Flaschen. Schon zwei Stunden vor Spielbeginn tummelten sich etliche Unioner am ‚Karli’, wie die Nulldreier ihr Stadion liebevoll nennen. Die roten Nickis mit dem proAF-Logo gingen besser weg als Freibier. Vier Taler sind allerdings auch ein fairer Preis und so waren bereits weit vor Spielbeginn alle 2.000 Exemplare vergriffen.

    Am Einlass ging es ein wenig chaotisch zu und die Mehrzahl der Unioner hätte sich das Eintrittsgeld durchaus sparen können. In Scharen stiegen die Leute über den Zaun, Ordnungsdienst und Polizei ließen die Unioner gewähren. Die fünfminütige Blocksperre funktionierte perfekt, alle 3.000 Leute warteten hinterm Gästeblock und besangen ihr Stadion An der Alten Försterei. Als die Meute dann in den Block rannte, ergab das ein imposantes Bild und man legte sofort mit dem Support los.

    Auf dem Rasen zeigte sich Union druckvoll und konnte durch ein Kopfballtor von Stuff nach 14 Minuten in Führung gehen. Komplettes Ausrasten auf den Rängen, siegessicher war allerdings kaum jemand, hatte es doch bei unseren zwei Gastspielen zuvor am Ende 3:2 für die Blauen gehießen. Es entwickelte sich eine schlechte Partie, die Union kontrollierte, aber nicht dominierte. Chancen waren Mangelware, doch im Unterschied zum Spiel gegen Braunschweig stimmte die Effektivität. So besorgte der immer stärker werdende Heun kurz vor der Pause den Halbzeitsand von 0:2. Die sich abzeichnende Niederlage der Nulldreier war auf den Rängen schon Realität, was nicht nur am lauteren Support der Gäste lag. Die Unioner kamen vor dem Spiel durch einen glücklichen Umstand an die Inhalte der Babelsberger Spruchbänder und konnten diese entsprechend kontern. So erfuhr das gut gefüllte Stadion beispielsweise, dass die Ultras der Nulldreier Schals verfeindeter Gruppen verkaufen wollen, um an Geld zu kommen. Die Gesichter der Babelsberger waren Genugtuung pur. Insgesamt zeigten beide Seiten zwölf Spruchbänder. Dazu gab es in der Nordkurve eine Fahne des BFC Dynamo zu sehen, was von ganz schlechtem Stil zeugt. Zwei Fahnen der Antifa hatten auch den Weg in die Nordkurve gefunden, aber das kennt man ja. Die Lautstärke der Heimfans war zum Teil ganz annehmbar, fiel aber gegenüber den Gästen deutlich ab. Die wurden heute unterstützt von zwanzig Leuten aus Frankfurt/Oder (Vorwärts), sieben aus Cottbus und einem aus Stuttgart (VfB).

    Zu Beginn der zweiten Hälfte zeigte der Gästeanhang - passend zum proAF-Logo auf der Brust der Spieler - eine proAF-Fahne und nutzte das aus, um ein Schwein auf den Platz zu bringen. Ja, ein Schwein, liebevoll Borsti genannt und leider nicht sehr bewegungsfreudig. Selbst das Gras war vitaler als das junge Hängebauchschwein und so hatten die Ordner leichtes Spiel mit dem Tier. Sämtliche Zeugen dieses Schauspiels konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Fackeln wurden im Unterschied zum letzten Duell im Karli nicht gezündet, dafür brannte ein Unionschal und ein Pullover vom Filmstadt Inferno.

    Wer nach Halbzeit eins dachte, das Spiel könne nicht schlechter werden, wurde von beiden Teams eines Besseren belehrt. Union verwaltete den Vorsprung und kam durch Heun sogar noch zum 0:3 oder ‚Nulldrei’, wie der Gästeblock fortan hämisch skandierte. Die Einwechslung des ehemaligen Babelsberger Shergo Biran blieb weitgehend wirkungslos, der junge Stürmer kommt bei Union nicht so recht in Tritt. Dem schlechten Spiel entsprechend und mit dem komfortablen Vorsprung im Rücken ließ sich Unions Trainer Uwe Neuhaus mal wieder hinreißen, Younga Mouhani zu bringen. ‚Totalausfall’ wäre noch ein Ritterschlag für die gebotene Leistung, Ballverluste der übelsten Sorte torpedierten alle Angriffsversuche der Unioner, die das großartige Resultat über die Zeit brachten.

    Das Interesse an dieser Partie ist augenscheinlich ungebrochen, lediglich die Entwicklung der Zuschauerzahlen lässt diesen Schluss nicht zu. Waren 2001 noch 14.700 Zuschauer im Stadion, kamen 2005 offiziell schon bloß noch 9.254 Besucher. Die offizielle Zuschauerzahl, die heuer vom Stadionsprecher bekannt gegeben wurde, war ein schlechter Witz. 6.822 Menschen sollen nur im Stadion gewesen sein. Die 3.300 Gästekarten waren weit vor dem Spiel ausverkauft, viele Unioner standen in der Heimkurve. Das Stadion war bestimmt nicht ausverkauft, aber neun- bis zehntausend waren auf jeden Fall da.

    Nach dem Spiel verblieben beide Fangruppen noch lange im Block. Die Einen um die Mannschaft zu feiern, die Anderen um den Gegner zu beäugen. Den blau-weißen Rauch, den die Babelsberger weit nach dem Spiel noch zündeten, kann man wohl unter Ulk verbuchen. Passiert ist aufgrund des enormen Polizeiaufgebots nichts mehr. Beamte aus Hessen, Thüringen, Brandenburg und Berlin ließen eher auf ein Bundestreffen der Polizei, als auf ein Fußballspiel schließen. Die Rückfahrt gestaltete sich im Regionalzug ab Potsdam sehr entspannt und so ging ein Tag zu Ende, den man aus Unionsicht als Erfolg auf ganzer Linie bezeichnen kann. Dafür ein Dank an alle, die dazu beigetragen haben, speziell das Wuhlesyndikat und das Aktionsbündnis ‚Gemeinsam Eisern – proAF’.

    Freiheit für Hängebauchschwein Borsti!

    Geschrieben von:  yeti

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