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  • SV 98 Schwetzingen, 11. Februar 2008

     

    „Es geht um Effektivität!“


    Von:  thom.as

    Volker Zimmermann, Trainer des SV Schwetzingen, ist einer der Mitverantwortlichen beim Neuaufbau des Vereins. Nach dem sportlichen und finanziellen Abstieg in der Saison 2002/03 übernahm er das Amt an der Seitenlinie. Was ihn dazu bewegte, Coach in Schwetzingen zu werden und was bei diesem Verein professionell ist, erzählte er uns im zweiten Teil des Gesprächs mit die-fans.de.

    Herr Zimmermann, Sie sind beim SV Schwetzingen Trainer seit 2003. Das heißt, Sie haben die Mannschaft in der Landesliga übernommen und sind in der Saison 2005/06 zurück in die Verbandsliga aufgestiegen...

    Schwetzingen spielte früher jahrelang in der Oberliga. Nach dem Abstieg in die Verbandsliga war der Verein vor ein paar Jahren kurz vor der Insolvenz. Es war nötig, dass beim SV 98 wieder Menschen sind, die sich intensiv um ihn kümmern. Ich bin schon seit 50 Jahren Mitglied und wollte helfen.

    Wir haben praktisch aus dem Nichts, ohne eine richtige Mannschaft, den Wiedereinstieg in die Landesliga Rhein-Neckar geschafft und einen überdurchschnittlich glücklichen fünften Platz im ersten Jahr erreicht. Ich hatte ja schon mit einem Abstieg gerechnet, als ich gesehen sah, wie sich die Mannschaft am Anfang präsentierte. Letztlich konnten wir nach drei Jahren Landesliga den Aufstieg in die Verbandsliga klarmachen. In drei Jahren von Null in die Verbandsliga durchgestartet. In der letzten Saison gab es ja kurzfristig einen Trainerwechsel. Roland Schmitt übernahm mein Amt. Er wollte gerne Trainer in Schwetzingen sein. Da habe ich gesagt, dass ich mich etwas zurücknehme, und er die Geschäfte lenken kann. Das hat aber leider nicht ganz so gut funktioniert. Nominell hatten wir zwar eine prima Mannschaft. Aber diese ‚guten Namen’ waren, wie jetzt auch, teils angeschlagen und nicht richtig fit. Ihre Physis hinderte sie daran, gut zu spielen. Das gipfelte dann darin, dass wir bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt bangen mussten. Mit etwas Glück sind wir dann auch in der Liga geblieben. Wir sind nur nicht auf den Relegationsplatz gerutscht, weil die SpVgg. Neckarelz am letzten Spieltag zu Hause gegen VfB Eppingen verloren hat. Man muss sich schon im Klaren darüber sein, dass wir den Klassenerhalt nicht direkt beeinflussen konnten und eine gehörige Portion Glück mit im Spiel war. Aber wir haben es geschafft! Die Zielsetzung in diesem Jahr war, den Klassenerhalt etwas frühzeitiger zu sichern und uns vielleicht zwischen den Rängen neun und zwölf zu positionieren, ohne jetzt den Anspruch zu erheben, vorne mitzuspielen.

    Man muss sich aber auch bewusst machen, dass das alles eine wacklige Geschichte ist. Es kamen vier, fünf junge Spieler aus der Verbandsliga-A-Jugend zu uns. Diese sind dann zu Stammspielern avanciert. Mit dieser Mannschaft sind wir in die Runde gestartet. Da ist es klar, dass wir kleine Probleme bekommen. Die jungen Leute haben einfach noch nicht diese Konstanz, auf diesem Level permanent ihre Leistung zu bringen. Da kommt es immer wieder zu Leistungseinbrüchen. Das spricht andererseits auch nicht unbedingt für die Qualität der restlichen Mannschaft, wenn die älteren und erfahreneren Spieler Platz machen müssen für die jüngeren.

    Wir haben ja dieses Perspektiv-Team. Die Mannschaft hat ein Durchschnittsalter von knapp 21 Jahren. Das ist schon eine Investition in die Zukunft. Es liegt jetzt an uns, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Und das heißt nichts anderes, als in der Verbandsliga zu bleiben und den größten Teil der Mannschaft der brauchbar ist, so weit es geht zusammenzuhalten. Ohne den Kader im nächsten Jahr wieder komplett umzukrempeln, mit einzelnen Verstärkungen, wollen wir dann versuchen, eine etwas bessere Platzierung anzustreben.

    In dieser Runde gibt es vielleicht drei, vier Mannschaften, die qualitativ über dem Rest stehen. Aber dieser Rest spielt eigentlich auf dem gleichen Level. Wenn man es realistisch betrachtet, dann geht es in dieser Situation, die wir gerade beleuchten, darum, dass man drei, vier Spiele, die man unglücklich verloren hat, eben für sich entscheiden muss. Wenn das geschieht, spielt man auf einmal um den zweiten Tabellenplatz mit. Wir allerdings haben diese Spiele vergeigt und müssen nun eben um den Abstieg spielen. Ich meine, neun Punkte mehr hieße für uns 26 Zähler. Der Zweite hat 32. Mit diesem Punktestand geht dein Blick in der Rückrunde auf einmal nach oben. Du könntest Platz zwei sogar noch erreichen. Wir haben es halt vergeigt und stehen jetzt unten drin. Aber so sieht es eigentlich in der gesamten Runde aus. Da entscheidet ein Sieg mehr oder weniger, ob du in der Liga bleibst oder nicht. Das heißt auch, dass dieses Quäntchen Glück gar keine so geringe Rolle spielt. Leider fehlte es uns am Anfang der Vorrunde. Die Mannschaft war viel zu verunsichert.

    Sie haben seit dieser Saison einen neuen Co-Trainer an Ihrer Seite. Danny Winkler, ein ehemaliger Spieler...

    ...richtig, Danny Winkler spielte im Vorjahr noch selbst im Schwetzinger Trikot. Dann verletzte er sich und ist jetzt leider Sportinvalide. Fußball spielen geht einfach nicht mehr.

    Ich wollte diese Erfahrung nicht missen, den Danny zu übernehmen. Wir haben ein sehr gutes persönliches Verhältnis zueinander. Er hat einen Trainerschein, aber war noch nie für eine Mannschaft verantwortlich. Daher habe ich ihm dieses Angebot gemacht. Jetzt kann er eben über diese Co-Trainer-Position Erfahrung sammeln und einen Einstieg in dieses Geschäft finden. Er hat nämlich schon vor, selbst einmal als Chef-Trainer an der Seitenlinie zu stehen.

    Auch Jürgen Strube habe ich in den Trainerstab mit aufgenommen. Er wird im Laufe dieser Spielzeit seine aktive Karriere beenden. Auch er steht mir bereits als Co-Trainer zur Seite.

    Wie ist die Aufgabenverteilung?

    Die Aufgabenverteilung ist so, dass ich das Sagen habe und die Trainingseinheiten plane. Die beiden helfen mir dann bei der Durchführung. Es kommt auch vor, dass ich sage, was trainiert werden soll und die beiden dann die Inhalte vorbereiten und das Training gestalten. Hauptsächlich versuchen wir im Gespräch, die beste Mannschaft für die Spiele aufzustellen, aber die Entscheidung liegt letztendlich bei mir.

    Zurück zur Mannschaft. Woran muss besonders gearbeitet werden?

    Es gibt ja diese Weisheiten. Zum Beispiel: „Die Abwehr gewinnt Meisterschaften, der Angriff die Spiele“. Wir müssen uns anstellen, unsere Defensive zu stärken. Ich glaube, es ist etwas einfacher für uns, das eigene Tor zu verteidigen und aus diesem Schutz heraus das Spiel nach vorne zu entwickeln. Wir haben immer wieder bewiesen, dass wir etwas besser aussehen, wenn wir nicht zu stark agieren müssen, also das Spiel nicht von alleine aufziehen müssen. Die nötige spielerische Qualität und Ballsicherheit, um ein Spiel dominieren zu können, ist leider noch nicht in ausreichendem Umfang vorhanden.

    Wir haben, um uns in der Defensive mehr zu stabilisieren, Thorsten Thee von der TSG Weinheim geholt. Ein erfahrener Spieler, der schon für Hoffenheim 1899 spielte. Außerdem kommt vom Oberligisten VfR Mannheim Filippo Graziano zur Mannschaft. Auch Florian Schwarz vom SV Sandhausen II wird den Kader verstärken sowie Daniel Schmittus aus der eigenen A-Jugend. Wir haben den Kader quantitativ, aber in erster Linie qualitativ gestärkt. Das lässt mit frohen Mutes in die Rückrunde blicken.

    Die bisherigen Vorbereitungsspiele liefen eigentlich auch sehr positiv. Wir haben gegen den Oberligisten VfR Mannheim zu Hause unglücklich 3:2 verloren, gegen den FSV Ludwigshafen-Oggersheim aus der Regionalliga konnten wir auch einigermaßen mithalten, obwohl wir 0:2 verloren. Das sind Ergebnisse, die mich hoffen lassen. Es ist ja nicht unser Maßstab, gegen einen Regionalligisten zu gewinnen. Nein, unser Maßstab ist, in der Verbandsliga eine Leistung darzubieten, die in erster Linie uns zufrieden stellt. Da geht es gar nicht um spielerische Klasse und Eleganz, es geht um Effektivität! Und das müssen wir stärken.

    Wir müssen defensiv deutlich stabiler werden und noch weniger Gegentreffer bekommen. Außerdem müssen wir vorne mehr Qualität ausstrahlen. Gerade in den Räumen, in die der finale Pass kommt, in denen der Torabschluss stattfindet, müssen wir effizienter werden. Dann steht dem Ganzen nichts mehr im Weg. Torchancen waren auch in der Vergangenheit vorhanden. Nur kam einfach nichts Zählbares heraus.

    Es ist aber oft ein individuelles Problem, dass man vor dem Tor vielleicht nicht die nötige Ruhe, vielleicht auch Qualität hat, den Ball ins Tor zu schieben. Das abzustellen ist für jeden Trainer der Welt eine große Herausforderung.

    Für uns ist es dennoch sehr wichtig gewesen, dass wir, nachdem wir anfangs teils mit sieben Punkten Rückstand hinten in der Tabelle standen, wieder den Anschluss zu bekommen. Wir stehen jetzt dem unteren Mittelfeld nahe.

    Wenn wir gleich nach der Winterpause zwei drei Spiele in Folge gewinnen könnten, was ich jetzt einfach hoffe, dann könnten wir in der Tabelle weiter nach oben klettern. Viel wichtiger ist aber, dass auch unsere Psyche wieder nach oben klettern würde. Man bekommt wieder mehr Vertrauen zu sich. In die Mannschaft käme ein ganz anderes Leben. Zuvor, als es nicht gut lief, machte sich Resignation breit. Das muss abgestellt werden.

    Man befindet sich also immer noch im Abstiegskampf?

    Natürlich. Alles andere wäre gelogen. Wir werden uns bis zum Saisonende in der Region zwischen Rang 10 und 17 bewegen. Auf welchem Platz wir am Ende konkret landen, ist für mich zweitrangig. Hauptsache wir halten die Klasse.

    Trotz des derzeitigen Abstiegskampfes, gibt es Perspektiven, wieder einmal in der Oberliga zu spielen?

    Zunächst muss der Verein, und das geht über die erste Mannschaft hinaus, finanziell wieder auf solidem Boden stehen. Wir haben immer noch Probleme, an denen gearbeitet werden muss. Das oberste Ziel ist, dass wir uns finanziell keine Sorgen mehr machen müssen. Wenn wir diesen Gedanken nun weiterspinnen, dann ist ein Aufstieg aus sportlicher Sicht möglich. Die sportliche Sicht ist aber meines Erachtens sehr stark an die wirtschaftliche Perspektive gebunden. Vereine wie Waldhof Mannheim, oder damals SV Sandhausen hatten zwei Millionen bzw. 1,7 Millionen Etat. Das heißt nichts anderes, als dass wir unseren Etat verzwanzigfachen müssten, um da oben vernünftig mitspielen zu können.

    Sollte es sportlich gut laufen, dann werden wir natürlich versuchen, den Aufstieg zu realisieren. Ich denke jedoch, ohne die Erweiterung des finanziellen Rahmens würde es immer nur zu einem Jahresdebüt reichen. Man muss das gesamte Umfeld eben entsprechend positionieren, um von ‚Oberliga-Niveau’ zu sprechen. Da gehört der Betreuerstab dazu, die medizinische Abteilung, auch Ehrenämter von einigen Unterstützern und auch ein intaktes Management. Das sind Faktoren, die eben nur geplant werden können, wenn Personen vorhanden sind, die das alles finanzieren können.

    Rein von der Sportanlage haben wir ja absolutes Oberliga-Niveau. Zwei Rasenplätze, ein Kunstrasenplatz und eine riesige Kabine. Unsere Spieler leben wie Profis! Die kommen mit ihrem Kulturbeutel ins Training! Aber leider sind sie sportlich nicht unbedingt Profis. Das wäre mir lieber...

    Das glaube ich Ihnen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Mission Klassenerhalt. Danke für das Gespräch

    Zum ersten Teil des Interviews

    Geschrieben von:  thom.as

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