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u.a. mit Investoren und Protest, Kurvenlieder und ihre Geschichten sowie 50 Jahre Ultras Viola
  • 27. September 2007

     

    1. FC Union Berlin: 1.080 Kilometer, null Punkte


    Von:  Systema

    Mittwoch, 19.30 Uhr Auswärtsspiel, satte 540 Kilometer von Berlin entfernt und dann auch noch in Wuppertal. Zwei Mal spielte der 1. FC Union im Stadion am Zoo, beide Male setzte es knappe Niederlagen vor einer mickrigen Kulisse. Schon nach unserem ersten Gastspiel im Bergischen schworen sich viele „nie wieder Wuppertal“. Wenige kamen ein zweites Mal und sollten es erneut bereuen. Stadion, Heimfans und Stadt sind einfach zu unattraktiv. Unser dritter Auftritt lockte, sicher auch terminbedingt, keinen mehr und so kam nicht mal ein Bus zustande.

    Drei Kleintransporter, wegen ihrer Kapazität schlicht „Neuner“ genant, begaben sich am späten Vormittag in Berlin auf die Reise. Aufmerksame Radiohörer vernahmen schon vor der Abfahrt, dass eine Vollsperrung auf der A2 besteht, woraus zum Zeitpunkt der Abfahrt zwanzig Kilometer Stau resultierten. Da der immer länger wurde, standen wir, noch bevor von der Autobahn abfahren konnte, selber drin. Die Besitzer des Vehikels meiner Wahl gönnten sich den Luxus eines Laptops im Neuner und so vertrieb sich ein Teil der Insassen die Zeit mit versauten Filmchen und viel zu lauter Musik, während der Rest nach einem Ausweg aus dem Stau suchte. Der war an einer Raststelle schnell gefunden und so ging es über einen Feldweg auf die Landstraße, die über einen 40 Kilometer langen Umweg auf den freien Teil der Autobahn führte.

    Unterdessen war das einst komfortable Zeitpolster faktisch aufgebraucht und man musste darum fürchten, pünktlich zum Anpfiff anzukommen. Den Spaß ließ sich davon jedoch niemand verderben und so schaffte man es selbst beim siebenten Mal „Herz an Herz“ von Blümchen noch lautstark abzufeiern. Das Musikprogramm war allgemein sehr einseitig, was sich bis zum Ende der Fahrt auch nicht mehr ändern sollte. Dafür übte sich der illustre Haufen im Erschrecken der Passanten mit einem 1,60 Meter großen, aufblasbaren Wal.

    Zehn Minuten vor Spielbeginn schlich man dann auf der Suche nach einem Parkplatz ums Stadion und noch bevor man irgendwen fragen konnte, war die Polizei zur Stelle, die uns unbedingt mit zwei Motorrädern und einem Kleinbus zum Gästeparkplatz eskortieren musste. Dort erwarteten uns ca. 15 weitere Beamte. Vollkommen unverhältnismäßig diese übertriebenen Maßnahmen, aber offenbar hatte jemand wieder Horden randalierender Fußballfans angekündigt. Dazu passt, dass eine Neunerbesatzung grundlos die Personalien abgeben musste.

    Zügig ging’s ins Stadion in den Gästeblock, der jetzt nicht mehr hinter dem Tor liegt, sondern auf der Gegengerade, schräg oberhalb des Wuppertaler Fanblocks. Das Stadion am Zoo wird gerade umgebaut und wäre auf der Baustelle wegen der falschen Betonteile nicht ein halbes Jahr Pause gewesen, hätte man dem Gegner auf den Rängen zumindest schräg gegenüber gestanden. Immerhin erkennt man einen Fortschritt und das wäre für einen Unioner in seinem Wohnzimmer der AF ja schon Weihnachten und Ostern zusammen.

    Das Spiel begann recht flott und zur Freude aller Anwesenden Unioner besorgte Patschinski nach fünf Minuten die Führung. Keine zehn Minuten später war die jedoch schon wieder passé nach einem Doppelschlag der Wuppertaler. Union blieb aber feldüberlegen und so kam stetige Stimmung im Gästeblock auf. Viele einfache Gesänge, dafür aber teilweise recht laut. Der Mob um die Ultras Wuppertal beschränkte sich im Wesentlichen auf Antigesänge in Richtung Düsseldorf und Essen, was für ein Heimspiel dann doch ein wenig dürftig ist.

    Kurz vorm Pausentee konnte Mattuschka den verdienten Ausgleich besorgen und ca. 120 (viele Berliner resignierten in dem riesigen Stau bei Ziesar und kehrten um) Unioner, von denen etwa 50 aus der Hauptstadt angereist waren, konnten sich gut gelaunt den kalten Bratwürsten am Verpflegungsstand im Gästeblock widmen.

    Die Geschichte einer mitreißenden zweiten Halbzeit ist schnell erzählt: Union überrennt Wuppertal, gerät durch eine Nachlässigkeit in Rückstand, bleibt aber weiter drückend überlegen und kommt so zum verdienten Ausgleich durch einen Elfer von Gebhardt. Dass Schulz kurz darauf nur den Pfosten trifft und Spork im Nachschuss nur den Torwart ist bezeichnend für das Spiel, ebenso wie die unumstrittene rote Karte für Rupprecht. Dass Neuhaus dann mit Mouhani in Unterzahl einen dritten Stürmer bringt, kann ich bis jetzt nicht verstehen und folgerichtig fängt sich Union den entscheidenden Gegentreffer durch einen Konter. Das war fast so bitter wie Mouhanis vergebene Chance zum Ausgleich in der Nachspielzeit. Frei vorm Tor braucht er viel zu lange für die Ballannahme und kommt nicht mal mehr zum Schuss, so ein Ball muss drin sein. Schade, dass die Mannschaft nach so einer engagierten Mannschaft nicht zu den Fans kommt.

    Für die Unioner ging es zurück gen Heimat, die nach kurzer Fahrt erneut durch einen Stau verlängert werden sollte. Diesmal fuhr man, dank einem Hinweis aus einem der anderen Neuner, früher von der Autobahn auf einen Rastplatz und traf dort auf die Busse vom WS und V.I.R.U.S. So hatten diese Besatzungen auch mal Gelegenheit die Vorzüge unseres Multimediabus’ zu genießen. Da wir ein Geburtstagskind an Bord hatten, wurde noch so manche Raststätte angefahren, auf der einiger Unfug getrieben wurde. So sah man kleine Menschen auf Dächer klettern, um diverse Aufkleber möglichst repräsentativ anzubringen, betrunkene Menschen den Verkäuferinnen auf die Nerven gehen, …

    So zog sich die Rückfahrt ewig hin und man erreichte nach 22 Stunden auf Achse um acht Uhr morgens, zufrieden ob der Fahrt und Mannschaftsleistung, die geliebte Heimat. Wenn Union in den bevorstehenden Spielen gegen die Zweitvertretungen der Bundesligaklubs ähnlich Auftritt, muss man sich um die Qualifikation für die dritte Liga keine Sorgen. Und um den Bogen zurück zum Anfang zu spannen: Es gibt auch Menschen, die sich geschworen haben, dass sie so lange nach Wuppertal fahren, bis Union dort gewonnen hat. Bis nächstes Jahr im Bergischen, wenn die richtigen Betonteile geliefert werden vielleicht sogar in einem neuen Stadion am Zoo.

    yeti

    Geschrieben von:  Systema

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